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Die jungen Adler greifen an:
Höhenflüge statt Abstürze

Bei der Vierschanzentournee bleibt das Trainer-Ziel aber eher bescheiden

Oberstdorf (dpa). Die Altstars sind müde oder formschwach, die Jungen Wilden noch nicht konstant genug: Bei der heute Nachmittag mit der Qualifikation in Oberstdorf beginnenden Vierschanzentournee gehen die Adler des Deutschen Skiverbands ohne Siegspringer und ohne Aussicht auf den Gesamterfolg in die Spur.

Weil der einstige Überflieger Sven Hannawald in diesem Winter nur Zuschauer ist und Martin Schmitt der Spitze weit hinterher fliegt, setzt Peter Rohwein bei seiner Tournee-Premiere als Bundestrainer auf das jüngere Trio Georg Späth, Michael Uhrmann und Alexander Herr. »Sie sind gut in Schwung und können für die eine oder andere Podestplatzierung sorgen«, formulierte Rohwein das bescheidene Ziel.
Für die deutsche Mannschaft könnte ein Erfolgserlebnis zum Start der Traditionsveranstaltung Gold wert sein. »Wir haben vor Weihnachten gut trainiert. Es wäre wichtig, gleich in Oberstdorf vorne dabei zu sein«, erhofft sich Rohwein eine Initialzündung beim Auftaktspringen. Am ehesten traut er dies Späth zu, der nach Ansicht des Cheftrainers weit über dem Soll ist. Im Vorjahr war Georg Späth als Gesamtsechster zum besten DSV-Springer avanciert. Er hat auch gleich zu Beginn besondere Ambitionen formuliert: »Oberstdorf ist meine Heimschanze, da möchte ich die Familie sowie Freunde und Bekannte ganz besonders begeistern«, kündigte er an.
Selbst die phänomenale Weltcup-Siegesserie von Top-Favorit Janne Ahonen (Finnland) hat Späth nicht erschüttern können. »Der Rückstand zu Ahonen ist nicht so groß. Wenn ich gut springe, weiß ich, dass ich so gut bin wie er«, erklärte der 23 Jahre alte Sportsoldat aus Oberstdorf, der ein ähnlich gutes Resultat wie im Vorjahr anstrebt. »Ich habe mich bei der Tournee immer gut präsentiert. Das sollte auch dieses Mal klappen.«
Das Selbstbewusstsein schöpft er aus der Tatsache, dass er sich von Wettkampf zu Wettkampf gesteigert hat. Da ging es zuletzt immer besser. »Es sind nur noch Kleinigkeiten, die ich in den Griff bekommen muss«, schätzte Späth seine Möglichkeiten optimistisch ein und gab gleich noch das Ziel für die Mannschaft aus: »Wir wollen angreifen.«
Dies gilt auch für Michael Uhrmann (Rastbüchl) und Alexander Herr (Schonach-Rohrhardsberg). »Sie sind im Weltcup besser gesprungen als in der vergangenen Saison und haben zuletzt stabile Leistungen gezeigt«, redete der Bundestrainer das Duo stark. »Die Tournee ist etwas Besonderes, auch wenn es auf der Schanze wie immer von oben nach unten geht. Ich hoffe, dass ich die guten Saisonsprünge auf meiner Festplatte gespeichert habe«, sagte Alexander Herr, der den DSV-Springern mit Rang zwei beim Weltcup-Auftakt im November in Kuusamo (Japan) auch das bisher beste Saisonergebnis bescherte.
Von diesen Ansprüchen weit entfernt ist der einstige Vorzeigespringer Martin Schmitt, der endlich aus seinem Formtief kommen will. Aber niemand vermag voraus zu sehen, ob dies schon bei der Tournee klappt. »Das erste Ziel für ihn ist die Qualifikation für das Finale der besten 30«, sagte Rohwein. Schmitt schaut zwar mehr auf sich, drückt aber auch den Kollegen die Daumen. »Einige im Team sind auf dem Sprung. Ich hoffe, sie bringen eine optimale Leistung«, sagte der 26 Jahre alte Routinier aus dem Schwarzwald, der sich erst gar nicht unter Druck setzen lassen will und einfach auf den Faktor Zeit baut: »Die Lösung meiner Probleme dauert so lange, wie sie dauert.«

Artikel vom 28.12.2004