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Erneut Terror in Bagdad: 22 Tote

Weitere Boykott-Drohungen gegen die geplanten Wahlen am 30. Januar

Bagdad (Reuters/dpa). Eine Sprengfalle Aufständischer hat in Bagdad nach Angaben der US-Militärs mindestens 22 Menschen, darunter vier Polizisten, zerrissen. Sie starben in der Nacht zum Mittwoch, als die Polizei ein Wohnhaus durchsuchte und plötzlich eine gewaltige Sprengladung explodierte.
Die Beamten waren zu einer Razzia auf Grund eines anonymen Hinweises gekommen, dass ein verdächtiger Sudanese in dem Haus Diebesgut lagere, berichteten Augenzeugen.
Der arabische Nachrichtensender Al-Arabija sprach sogar von 30 Toten. Dutzende Menschen wurden verletzt. Die Explosion von etwa 900 Kilo Sprengstoff zerstörte das Haus und vier weitere Gebäude. US-Soldaten, irakische Sicherheitskräfte und Anwohner suchten die ganze Nacht unter den Trümmern nach Überlebenden.
Unterdessen stoßen die am 30. Januar geplanten Wahlen auf immer größere Schwierigkeiten. So drohten in der ölreichen Provinz Tamim mit der Hauptstadt Kirkuk die großen Kurden-Parteien mit einem Boykott, falls bis zum Wahltermin nicht Zehntausende von Saddam Hussein vertriebene Kurden zurückkehren können. »Kirkuk ist das Hauptanliegen unserer politischen Agenda«, erklärte der Sprecher der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Asar Dschindiani, gestern in der nordirakischen Kurden-Metropole Suleimanija.
In der fast rein sunnitischen westlichen Provinz Anbar haben nach einer Aufstellung der unabhängigen Wahlkommission in Bagdad nur drei Listen eine Kandidatur angemeldet. Die bedeutendste von ihnen, die gemäßigte Irakische Islam-Partei (IIP), hatte bereits am Montag ihren Rückzug von den Wahlen erklärt. Außer einem Übergangsparlament sollen auch Ratsversammlungen für die 18 Provinzen bestimmt werden.
US-Präsident George W. Bush hat die Schaffung von Sicherheit für die bevorstehenden Wahlen im Irak als vorrangige Aufgabe bezeichnet. Es sei sehr wichtig, dass die Wahlen wie geplant am 30. Januar stattfänden und dass es so viel Sicherheit wie möglich für die Wähler und Wahlbehörden gebe, sagte Bush gestern in Crawford in Texas.
Der US-Präsident ging auch auf ein neues Tonband ein, das Terroristenchef Osama bin Laden zugeschrieben wird. Bin Laden hatte dabei alle Wahlwilligen im Irak zu »Ungläubigen« erklärt und ihnen damit indirekt mit dem Tod gedroht. Bin Laden stehe mit seinen Vorstellungen im Gegensatz zur großen Mehrheit der Iraker, deren Vision Meinungsfreiheit und ahlrecht einschließe, sagte Bush.
Jordanien lud unterdessen die Außenminister der fünf anderen Nachbarländer des Irak und Ägyptens für den 6. Januar zu einem Treffen nach Amman ein.
Angestrebt werde, dass sich die Teilnehmer - außer Ägypten Syrien, die Türkei, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien und Jordanien - zum Prinzip der strikten Nicht-Einmischung in die ohnehin schwierigen irakischen Wahlen bekennen.
Der iranische Außenminister Kamal Charrasi wird allerdings, wie er in Teheran sagte, an dem Treffen »höchstwahrscheinlich« nicht teilnehmen. Teheran ist über Amman verstimmt, seit der jordanische König Abdullah kürzlich in den USA wegen angeblicher iranischer Einflussnahme im Irak von der Gefahr eines »schiitischen Halbmonds« in Vorderasien gesprochen hatte, der sich von Iran über den Irak bis Libanon ausdehnen würde. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 30.12.2004