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Für Essen und Bekleidung
bleibt nichts mehr übrig

Harald Dose hat Arbeitslosengeld-II-Bescheid erhalten


Von Michael Schläger
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Die Hiobsbotschaft kam am Tag vor dem Fest. Als Harald Dose (61) den Brief der Arbeitsagentur las, verstand er die Welt nicht mehr: 552,25 Euro Arbeitslosengeld II monatlich will die Agentur ihm vom 1. Januar an überweisen. »Wovon wir dann leben sollen - ich weiß es nicht.«
Seit August 2000 ist der Offset-Andrucker arbeitslos. Auch seine Frau Charlotte (55) ist ohne feste Stelle. Beide haben aber den Kopf nie in den Sand gesteckt, sich Aushilfsjobs gesucht und auch bei der Arbeitsagentur angemeldet. »So hatten wir bisher rund 1700 Euro im Monat. Das, was die Agentur gezahlt hat, und das, was wir dazu verdient haben. Damit kamen wir über die Runden.«
Bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II kam alles in einen Topf. Ihm und seiner Frau stehen 622 Euro als »Sicherung des Lebensunterhaltes« zu sowie ein bis Ende März befristeter Übergangszuschlag von 160 Euro. Von diesem Betrag wurden alle zusätzliche Einnahmen - die aus den Aushilfsjobs - abgezogen. Verbleiben 178,29 Euro. Zu dieser Summe werden noch einmal 373,96 Euro als Kosten für Unterkunft und Heizung hinzuaddiert. Macht unterm Strich 552,25 Euro.
Doch rechnen die Doses ihre tatsächlichen Ausgaben für Wohnen und Heizen zusammen, kommen sie auf 535,17 Euro. Hinzu- rechnen müssen sie Ausgaben in fast gleicher Höhe für einen Bausparvertrag, der Grundlage der Finanzierung ihres kleinen Reihenhauses ist, einen Rentensparvertrag, Versicherungen und Rundfunkgebühren.
Wenn die Doses diese tatsächlichen Ausgaben mit dem verrechnen, was sie als Arbeitslosengeld II bekommen und noch hinzuverdienen, sind die Kosten zwar gedeckt. »Dann haben wir aber noch nichts zum Essen und zum Anziehen gekauft«, rechnet Charlotte Dose vor.
Als Harald Dose mit 58 arbeitslos wurde, hatte er mehr als 40 Jahre in die Renten- und Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Auf Anraten der Arbeitsagentur ließ er sich auf die »58er-Regelung« ein. Das bedeutet: Er verzichtete auf die Vermittlung in eine neue Stelle, sollte dafür bis zum Eintritt in das Rentenalter im Jahr 2008 Arbeitslosenhilfe beziehen. »Davon spricht heute keiner mehr.« Mit 61 hat er kaum Chancen auf einen neuen Job. »Den Beruf, den ich gelernt habe, gibt es in dieser Form auch gar nicht mehr.«
Vorzeitig in Rente zu gehen, ist für Harald Dose auch keine Lösung. »Die Abzüge wären viel zu hoch.« Und sie würden dauerhaft bleiben. »Jetzt könnten natürlich wir noch etwas hinzuverdienen, aber im hohen Alter fiele das auch weg.« Wie es weitergehen soll? Widerspruch will er gegen den Bescheid einlegen. Und dann? »Ich weiß es noch nicht.«

Artikel vom 28.12.2004