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Studie: Windrad
heizt Boden auf

Verband widerspricht US-Forschern

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Unterm Windrad ist es angeblich wärmer. Dort steigen die Temperaturen um bis zu 2 Grad Celsius, haben Wissenschaftler der amerikanischen Princeton-Universität ermittelt. Der Vorsitzende des Landesverbandes Windenergie, Friedbert Agethen aus Bad Wünnenberg (Kreis Paderborn), hält das jedoch für »realitätsfremd«.

Ostwestfalen-Lippe ist mit knapp 1000 Anlagen eine Modellregion für Windenergie. Im Kreis Paderborn sind mehrere große Parks angesiedelt: bei Lichtenau (70 Räder), bei Meerhof (78 Räder) und an der Bundesstraße 64 bei Altenbeken (75 Räder). Welche Auswirkungen Windfarmen auf Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Verdunstung am Boden haben, wollte das amerikansiche Wissenschaftler-Team um Somnath Baidya Roy wissen. Am Computer konstruierten sie ein Feld mit 10 000 Rädern, die jeweils 100 Meter hoch sind und deren Rotorlänge 50 Meter beträgt. Um den Einfluss von Hindernissen wie Berge und Wälder gering zu halten, verlegten sie die Windfarm in die Great Plains, die weiten Ebenen im Herzen der USA.
Bei den Versuchen am PC stellte sich heraus: Große Windparks beeinflussen das lokale Klima dadurch, dass sie die Luft am Boden trockener und wärmer machen und die Windgeschwindigkeit in Bodennähe erhöhen. So ist es in der Zeitschrift »Journal of Geophysical Research-Atmospheres« zu lesen. Speziell in der Nacht verändern demnach die Turbinen die Luftschichten spürbar. Durch die Turbulenzen werde wärmere Luft nach unten gelenkt, wodurch die Temperatur nachts um 2 und im Tagesdurchschnitt um 0,7 Grad Celsius steige. Klima-Forscher Somnath Baidya Roy empfiehlt den Herstellern von Windrädern, Anlagen zu entwickeln, die weniger Turbulenzen verursachen.
Das hält Friedbert Agethen jedoch für überflüssig. Der Vorsitzende des Landesverbandes Windenergie fragt: »Wie sollen die Flügelspitzen den Wind nach unten lenken? Da sind doch keine Schaufeln dran.« Windgeschwindigkeit werde zwar in Bewegungsenergie umgesetzt, aber das lokale Klima dadurch nicht verändert. Es entstünden lediglich »leichte Verwirbelungen«, die der Mensch nicht spüren könne. Spätestens nach 1000 Metern sei der Effekt verpufft und die Windgeschwindigkeit wieder so stark wie vorher. Folgen hätten die Verwirbelungen für hintereinander angeordnete Anlagen. »Die hintere kann weniger Energie aus dem Wind herausholen«, sagte Agethen.
Windräder würden immer größer und erreichten eine Gesamthöhe zwischen 135 und 150 Meter. »Je höher sie sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Luft nach unten abgelenkt wird«, betont Agethen. Statt am Computer zu experimentieren, sollten sich die Forscher der Princeton-Universität lieber unter echte Windräder stellen. . .

Artikel vom 27.12.2004