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Frech und fetzig und frivol

Musical »Rocky Horror Show« in der Stadthalle

Von Larissa Kölling (Text)
und Thomas Bertz (Foto)
Bielefeld (WB). Für die optimale Weihnachtsstimmung in Bielefeld darf die »Rocky Horror Show« nicht fehlen. Zum letzten Mal machte das Ensemble der »Authentic London West End Production« Station und verwandelte die Stadthalle in ein wahres Tollhaus mit partywütigen Ostwestfalen.

Traditionsgemäß sorgte die grelle Maskerade und das richtige Zubehör dafür, dass das britische Erfolgsmusical zu einem ganz besonderen Ereignis wurde.
Operngläser und edle Gewänder gehören normalerweise zu einem Besuch in der Stadthalle. Nicht so wenn der Horror in Form von Rocky Station macht. Dann brauchen die Besucher Reis, Zeitungen, Wasserpistolen, Toast und natürlich Toilettenpapier. Und endlich kann es los gehen. Zur Hochzeit auf der Bühne (und auch später) bewarf man sich im ganzen Saal kiloweise mit Reis, zum Regen oben spritzten unten Wasserpistolen in die Menge. Klopapierrollen sausten durch die Luft, als auf der Bühne die künstliche Kreatur Rocky aus ihren Binden gewickelt und zum Leben erweckt wurde.
Kultur einmal anders. Der Theaterbesuch als Abenteuer und ein lohnendes gewiss. Bereits seit mehr als 30 Jahren unterhält das Stück von Richard O'Brien ein weltweites Publikum mit seiner frivolen und verrückten Geschichte. Horror und Rock n' Roll sind die Hauptzutaten des Werkes, das der Autor 1973 bewusst als Gegenstück zur harmlosen und braven Rockoper »Jesus Christ Superstar« geschaffen hat. Zur Geschichte: Nach einer Reifenpanne landet das frischverlobte Paar Brad und Janet zufällig im Horrorschloss des androgynen Außerirdischen Frank 'N' Furter. Das Publikum erlebt mit, wie der »freundliche« Schlossherr sein »Gruselbaby« Rocky aus der Retorte entstehen lässt und verfolgt, wie Brad und Janet, die bislang nur wenig Ahnung davon hatten, was so zwischen Mann und Frau möglich ist, immer mehr Spaß an dem Erotikspektakel auf dem Schloss finden.
Auch wenn die »Rocky Horror Show« längst ihr Schockpotential verloren hat, reißt sie das Publikum noch heute von den Sitzen. Und das liegt sicherlich in erster Linie an den starken Stücken. Mit fetzigen Liveklängen unterstützten fünf Musiker die Darsteller, unter denen besonders Jon Boydon als Frank 'N' Furter mit Charisma und Stimme auffiel. Nach zehnjähriger Tournee mit etwa 2000 Auftritten in ganz Europa verabschiedete sich das Ensemble mit gelungenen Shows von seinen ostwestfälischen Fans in Richtung Heimatplanet. Wann es auf die Erde zurückkehren wird, steht noch nicht fest.

Artikel vom 27.12.2004