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Das verlorene Gold

Bettina Hoy und ihr »Horror-Jahr« 2004


Gatcombe/Rheine (dpa). Die Bilder haben sie verfolgt. Immer wieder tauchten sie auf. Nachts, wenn sie sich im Bett wälzte. Aber auch tagsüber. Die Szenen mit dem Jubel und der ausgelassenen Freude, die Umarmungen und Küsse der Mannschaftskameraden, die beiden gewonnenen Goldmedaillen.
Vor allem jedoch die Szenen vor dem Sportgerichtshof, die Hoffnung und die bitteren Tränen nach dem endgültigen Verlust des Edelmetalls. Und dann auch noch die positive Dopingprobe. Vielseitigkeitsreiterin Bettina Hoy hat 2004 die bewegendsten Momente ihres Lebens durchlitten.
Dabei schien jener Abend in Markoupolo die Krönung ihrer Karriere zu sein. Die aus Rheine stammende Sportlerin sicherte mit ihrem Ritt zunächst das Teamgold und feierte dann nach einem unglaublichen Wirrwarr auch noch den Sieg im Einzel. Doch schon in der Nacht begann das Zittern. Und am Ende stand wegen einer kleinen Unachtsamkeit der Verlust beider Medaillen. »Das war schon alles schlimm genug«, sagt Hoy, »und dann kam der Schock mit der positiven Doping-Kontrolle. Es war ein Horror-Jahr.«
Zumindest diese Geschichte nahm ein gutes Ende und endete Anfang Dezember mit einem Freispruch, weil sich das vermeintliche Doping als Behandlung mit einem erlaubten Medikament herausstellte, die vom Tierarzt nur mündlich statt schriftlich angemeldet worden war.
In den vergangenen drei Wochen sind zumindest die Albträume verschwunden. »Vorher habe ich wirklich ganz, ganz schlecht geschlafen oder nur kurz«, erzählt sie. Ganz aus dem Kopf gehen ihr die Ereignisse trotzdem noch immer nicht. Andererseits ist ihr vieles klarer geworden. Bettina Hoy weiß nun genau, auf wenn sie sich verlassen kann und auf wenn nicht: »Ohne meine Familie, insbesondere ohne meinen Mann hätte ich das alles mit Sicherheit nicht durchgestanden«, sagt die 39-Jährige, die für die Weihnachtstage mit ihrem Mann Andrew zu ihren Eltern nach Rheine gereist ist.
Wie ein Stoßseufzer klingt es, wenn sie sagt: »Ich bin froh, wenn der 31.12. kommt.« Sie hat das Gefühl, »ich brauche so ein Datum, um das Ganze für mich endgültig abzuschließen«.

Artikel vom 27.12.2004