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Die Ära Hoechst ist zu Ende

Aktionäre segnen Verkauf der letzten Anteile an Aventis ab

Von Anne-Katrin Einfeldt
Frankfurt/Main (dpa). Es war ein langes Sterben: 141 Jahre nach der r Gründung steht das traditionsreiche Frankfurter Chemieunternehmen Hoechst endgültig vor dem Aus. Auf der letzten Hauptversammlung am Dienstagabend haben die Aktionäre dem Verkauf der verbliebenen 1,9 Prozent Anteile der Hoechst AG an den Pharmakonzern Aventis zugestimmt.

Dafür erhalten die Kleinaktionäre eine Zwangsabfindung (»squeeze-out«) von 56,50 Euro je Anteil. Eng verbunden mit dem einst weltgrößten Chemiekonzern Hoechst AG war seit jeher der gleichnamige Frankfurter Stadtteil. Für Generationen von Menschen in Höchst war das Unternehmen der Lebensmittelpunkt. Dass die Ära zu Ende geht, sieht Ortsvorsteherin Bernadette Weyland nicht als Nachteil: Aus dem Gelände sei der Industriepark Höchst geworden, »und der hat sich prima entwickelt«. 80 Unternehmen mit gut 22 000 Beschäftigten hätten sich angesiedelt.
Den Grundstein für die Identität der »Hoechstler« legte 1863 der Chemiker Eugen Lucius, der mit den Kaufleuten Wilhelm Meister und August Müller eine Chemiefabrik am Untermain gründete. Produziert wurde vorerst nur ein rotvioletter Textilfarbstoff, das Fuchsin. Die Beschäftigten entwickelten eine besondere Verbindung zur Firma, die ihnen 1869 ein Bad spendierte und später Häuser und Wohnungen baute und die »Jahrhunderthalle« spendierte.
Die unrühmliche Seite der Geschichte begann 1925, als die deutsche Großchemie zur I. G. Farbenindustrie verschmolzen wurde. Die I. G. Farben musste nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Vorwurf leben, das Nazi-Regime gestützt und das Giftgas Zyklon B hergestellt zu haben. Nach der Entflechtung wurde ein Teil ab 1951 als Farbwerke Hoechst AG wirtschaftlich erfolgreich weitergeführt.
Negativ-Schlagzeilen machte Hoechst Anfang der 1990er Jahre mit einer Reihe von Störfällen. Unter der Regie von Jürgen Dormann übernahm Hoechst den US-Arzneimittelkonzern Marion Merell und verkaufte seine Kosmetiktöchter. 1998 wurde der Konzern in die Hoechst AG und in die Celanese AG für die Industriechemie aufgespalten. Nach der Übernahme von Hoechst durch Rhône-Poulenc wurde das Unternehmen in Aventis umbenannt. Deren Zentrale zog 1999 nach Straßburg.

Artikel vom 23.12.2004