23.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Firmen aus OWL ziehen
sich aus Irak zurück

IHK empfiehlt indirekte Geschäfte über Jordanien

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Krieg sowie Terror gegen Ausländer und einheimische Volksgruppen haben den Irak zum Armenhaus der Golfregion gemacht. Für westliche Firmen ist das Land zum roten Tuch geworden. »Bei den Unternehmern ist die Ernüchterung groß«, sagte Harald Grefe von der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen-Lippe gestern dieser Zeitung.
Harald Grefe: Rohstoffreicher Irak politisch labil wie Nigeria.

Die Zeit, in der Firmen aus Ostwestfalen-Lippe im Irak gute Geschäfte gemacht haben, sei vorbei, erklärte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK in Bielefeld. Nur eine Handvoll Unternehmen aus dem Regierungsbezirk Detmold wagten noch Geschäfte mit dem Land, in dem Ölquellen brennen, Bomben auf Marktplätzen und vor Hotels explodieren und Ausländer entführt werden.
Die IHK berät schwerpunktmäßig Unternehmer, die Geschäftsbeziehungen in den Nahen Osten anbahnen und pflegen möchten. Vor dem Einmarsch der Alliierten kamen bis zu 400 Firmenvertreter zu den Informationsveranstaltungen.
Heute ist das Interesse an einem wirtschaftlichen Engagement rund um Bagdad völlig erlahmt. Die nackten Zahlen der Ausfuhrstatistik spiegeln die Entwicklung wider: Führten deutsche Unternehmen 1989 noch Waren im Wert von drei Milliarden Euro aus, schrumpfte das Exportvolumen 2003 auf 205 Millionen zusammen. In der Rangliste der Länder mit Produkten made in Germany sei der Irak auf Platz 81 abgerutscht, berichtete Grefe.
Gestern wurde bekannt, dass sich der amerikanische Baukonzern Contrack International wegen »hoher Sicherheitskosten« aus dem Land zurückzieht. Die labile politische Lage hält Grefe als Experte für Außenwirtschaft, Handel und Verkehr für das Haupthindernis. Außerdem fehlten eine funktionierende Privatwirtschaft und frei verfügbares Geld. Geschäfte liefen nur über Organisationen wie die Weltbank. Neben Fahrzeugen und medizinischen Geräten fehle es dem Land an Maschinen und Ersatzteilen zur Verarbeitung von Getreide und Fleisch.
Auch beim Straßen- und Schulbau hapere es. Weil die Bundesregierung eine Teilnahme am Irak-Krieg ablehnte, seien deutsche Unternehmer eher als andere willkommen. Grefe: »Diese Haltung hat uns viele Sympathiepunkte in Land und Region eingebracht.« Dennoch empfiehlt er indirekte Geschäfte über Kuwait oder Jordanien. Grefe erklärte: »Irakische Geschäftsleute haben dort Schwesterfirmen.« Die Firma aus Kuwait bestelle in Bielefeld Maschinenteile, bezahle nach Eingang der Lieferung und erledige den Rest.

Artikel vom 23.12.2004