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Leichtsinn ist lebensgefährlich

Immer wieder werden bei geschlossener Schranke die Gleise überquert

Von Klaus-Peter Schillig
Halle (WB). Der schwere Unfall am 11. November hat offensichtlich keine abschreckende Wirkung. Immer wieder laufen vor allem Jugendliche auf dem Weg zur Schule trotz geschlossener Schranken am Bahnübergang Alleestraße über die Gleise. Der Bundesgrenzschutz (BGS) will deshalb jetzt in die Offensive gehen.

Vor allem in den frühen Morgenstunden, wenn Schüler auf dem Weg vom Busbahnhof zum Berufskolleg an der Kättkenstraße oder aus der Stadt zum Kreisgymnasium an der Neustädter Straße unterwegs sind, kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen. Zeugen, darunter auch Mitarbeiter der Bahntochter DB-Netz, haben schon mehrfach beobachtet, dass ungeduldige Jugendliche und Erwachsene sich an den geschlossenen Schranken des Rad-/Gehweges vorbeiquetschen oder sogar über die Straße an den geschlossenen Halbschranken vorbeilaufen. Meist ist der Zug noch gar nicht in Sicht, mitunter aber flitzen ganz Mutige noch dicht vor dem einfahrenden Zug über die Gleise.
Das ist Ungeduld oder Mut, der lebensgefährlich ist, findet auch der Bundesgrenzschutz, der die Aufgaben der früheren Bahnpolizei übernommen hat. Mehrfach haben deshalb Beamte in Uniform vor allem zu Schulbeginn den Bahnübergang überwacht, haben Übeltäter verwarnt oder sogar zur Kasse gebeten. In Gegenwart der Ordnungshüter haben sich allerdings fast alle korrekt verhalten, weiß BGS-Pressesprecher Carsten Simon zu berichten. Deshalb soll nach den Weihnachtsferien im Kreisgymnasium gezielt Aufklärungsarbeit geleistet werden. »Bahnanlagen sind keine Abenteuerspielplätze« heißt das Programm des BGS, mit dem Kindern und Jugendlichen die Gefahren vor Augen geführt werden sollen, die auf Bahngleisen drohen.
Gerade in der dunklen Jahreszeit sieht der Lokführer Menschen oder Hindernisse auf den Schienen erst sehr spät. Schreckliches Beispiel war der Unfall am 11. November, als eine 70-jährige Frau versucht hatte, mit ihrem Fahrrad die Gleise am Bahnhof zu überqueren. Sie wurde vom Zug erfasst, zehn Meter mitgeschleift und schwer verletzt. Auch sie hatte gedacht, im Notfall noch ausweichen zu können.
Wie Carsten Simon im Gespräch mit dem WB erläuterte, ist es nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung grundsätzlich verboten, Gleise außerhalb von Bahnübergängen zu betreten oder zu überqueren. Wer es dennoch tut, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit 25 Euro zur Kasse gebeten werden. Das gilt auch für die »Spezialisten«, die innerhalb des Haller Bahnhofes »Bahnsteig-Hopping« machen.
Noch teurer wird es übrigens, wenn man mit dem Auto an Halbschranken vorbeifährt. Das so genannte »Nichteinhalten der Wartepflicht« kostet 50 Euro, mit Gefährdung des Schienenverkehrs 60 Euro und bei einem Unfall 75 Euro - plus der dann fälligen Punkte in Flensburg. »Jetzt sind endlich an allen Bahnübergängen Sicherungsanlagen - und sie werden nicht beachtet«, bedauert der BGS-Pressesprecher den Leichtsinn vieler Jugendlicher.

Artikel vom 23.12.2004