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Toter Held wird Vater
eines Töchterchens

Lkw-Fahrer weicht Kindern aus und rast in den Tod

Von Christian Althoff
Kalletal (WB). Fünf Monate, nachdem ein Lkw-Fahrer aus Kalletal (Kreis Lippe) sein Leben geopfert hatte, um spielenden Kindern auszuweichen, hat seine Witwe eine Tochter zur Welt gebracht. »Sie lenkt mich mit ihrem Lachen von meinen traurigen Gedanken ab«, sagt Petra Makel (32) und wiegt die kleine Kira Franka in ihren Armen.
Das ausgebrannte Wrack des Lkw: Die Staatsanwaltschaft Detmold ermittelt noch immer, warum die Bremsen versagt haben. Foto: dpa
Lkw-Fahrer Frank Makel wurde nur 41 Jahre alt.

Frank Makel war am 25. Juni mit einem 40-Tonner unterwegs und wollte im niederländischen Kerkrade Stahlplatten ausliefern. Plötzlich merkte er, dass die Bremsen des Lastwagens nicht mehr funktionierten. »Er hätte den Lkw auf einer Wiese ausrollen lassen können, doch dort spielten viele Kinder, die gerade Schulschluss hatten. Deshalb riss er das Steuer herum und raste in ein Haus, was seinen Tod bedeutete«, erinnert sich Pastor Sjang Schumans aus Kerkrade. Mit Frank Makel starben damals ein Iraker (37) und eine Niederländerin (55), Angestellte eines Lebensmittelgeschäftes, das sich im Erdgeschoss des Hauses befunden hatte.
Seit jenem Unfall zieht Petra Makel ihre Söhne Kim (3) und Kenny (9) alleine groß, und mit Kira Franka sind es jetzt drei Kinder, um die sie sich kümmern muss. Das Mädchen war am 3. Dezember im Krankenhaus Detmold zur Welt gekommen - 53 Zentimeter groß und 4110 Gramm schwer. »Die Kleine ist sehr anhänglich und möchte am liebsten den ganzen Tag auf meinem Arm verbringen«, erzählt die Mutter. »Und wenn sie lacht und ihr Gesicht verzieht, glaube ich manchmal, Züge meines Mannes wiederzuerkennen.«
Auch die Jungen Kim und Kenny sind stolz auf ihr Schwesterchen. »Den Kleinen muss ich sogar bremsen. Der würde dem Baby am liebsten den ganzen Tag die Windeln wechseln«, schmunzelt die Mutter, doch ihr Lächeln dauert nicht lange: »Wenn ich daran denke, dass wir Weihnachten ohne Frank feiern müssen, wird mir ganz anders«, sagt sie. Vor allem abends, nachdem sie ihre drei Kinder ins Bett gebracht habe, werde sie schwermütig. »Über den Verlust eines Menschen kommt man eben nicht so schnell hinweg«, sagt die 32-Jährige, die im vergangenen Jahr schon ihren Sohn Kevin (10) beerdigen musste. Er war in einen Teich gefallen und drei Jahre als Schwerstpflegefall zu Hause versorgt worden, bevor ihn die Kräfte verließen und die Familie Abschied nehmen musste.
Das selbstlose Handeln Frank Makels - es ist in den Niederlanden nicht vergessen worden. Die dankbaren Eltern der geretteten Kinder und andere Bürger aus dem niederländisch-deutschen Grenzgebiet haben bis heute 140 000 Euro gespendet. Pastor Sjang Schumans: »Wir haben eine Stiftung gegründet und werden das Geld zu gleichen Teilen den drei Familien der Unfallopfer zur Verfügung stellen.« Petra Makel hat entschieden, dass ihr Teil von der Stiftung verwaltet und angelegt wird: »Damit die Zukunft meiner drei Kinder gesichert ist und sie eine vernünftige Ausbildung machen können. Ich glaube, Frank hätte das so gewollt.«

Artikel vom 23.12.2004