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Nerv der Zeit getroffen

Bestseller-Autor Dietrich Schwanitz ist gestorben

Hartheim (dpa). Dietrich Schwanitz, Autor der Bestseller »Bildung« und »Der Campus«, ist tot. Nach Polizeiangaben wurde er in seiner Wohnung in Hartheim im Breisgau aufgefunden. Nach einer Obduktion der Rechtsmedizin in Freiburg teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit, dass er an Unterkühlung gestorben ist.

Der Autor habe an einer schweren Krankheit gelitten, hieß es weiter. Schwanitz wurde 64 Jahre alt. Der Autor muss schon länger tot in der Wohnung gelegen haben. Ein Nachbar, der ihn seit Tagen nicht gesehen und vergeblich bei ihm geläutet hatte, alarmierte schließlich die Polizei.
Schwanitz wurde am 23. April 1940 in Werne an der Lippe im Ruhrgebiet geboren. Bis zu seinem elften Lebensjahr wuchs er bei Bergbauern in der Schweiz auf, ohne die Schule zu besuchen. Erst 1950 konnte er zu seinen Eltern zurückkehren und wurde sofort im Gymnasium aufgenommen.
Mit seinen Büchern »Der Campus« (1995) und »Bildung - alles was man wissen muss« (1999) stand Schwanitz wochenlang in den Bestsellerlisten. »Campus« ist eine Geschichte um Intrigen und sexuelle Belästigung an einer deutschen Universität. Damit traf der Autor den Nerv der Zeit. Akademische Kreise galten bis dahin als illustre und vor allem unantastbare Zirkel. Das Buch wurde auch verfilmt, Heiner Lauterbach spielte in »Der Campus« die Hauptrolle als Soziologieprofessor Hanno Hackmann.
Mit seinem Buch »Bildung« wollte Schwanitz lange vor den Pisa-Studien eine Debatte über die Zukunft von Schule und Ausbildung anregen. Das Werk war in Akademikerkreisen umstritten. Sein Buch »Männer« (2001) trug ihm den Ruf einer »Alice Schwarzer für Männer« ein.
Schwanitz lehrte bis 1997 an der Universität Hamburg Englische Sprache und Kultur. Im Sommer 2003 eröffnete er in Hartheim ein Zentrum für Kreative. Dort bildete er Nachwuchskünstler aus den Bereichen Literatur und Theater aus.

Artikel vom 23.12.2004