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Der nie erwachsene Junge

James Matthew Barrie erfand vor 100 Jahren die Figur Peter Pan

Von Britta Gürke
London (dpa). Er ist der Junge, der nie erwachsen werden wollte - doch seinem 100. Geburtstag kann auch Peter Pan nicht entgehen. Am 27. Dezember 1904 schritt der Elfenknabe mit den grünen Kleidern, erfunden von dem schottischen Schriftsteller James Matthew Barrie, erstmals in London auf die Theaterbühne.

Auch heute noch haben Millionen Kinder auf der ganzen Welt Spaß an den Abenteuern von Peter und seinen Freunden in »Nimmerland«. Gerade jetzt zu Weihnachten steht die Geschichte auf dem Programm zahlreicher Theater.
Dabei hatte, wie Andrew Birkin in seiner Biografie Barries schreibt, vor der Premiere alles nach einem Desaster ausgesehen. »Jetzt ist er tatsächlich verrückt geworden«, sollen Kollegen geurteilt haben, nachdem sie Barries Entwürfe gelesen hatten. Zu ausgefallen schien die Geschichte des Mädchens Wendy, das mit ihren Brüdern vom Elfenjungen Peter Pan in das Feenreich mitgenommen wird und dort gegen den bösen Kapitän Hook kämpft.
Barrie hatte sich zuvor bereits als Journalist, Schriftsteller und Theaterautor einen Namen gemacht. »Sein neuestes Stück wurde von der Londoner Gesellschaft ungeduldig erwartet«, erläutert Birkin. »Es war nicht klar, ob Barrie sich mit dem Stück eher an Kinder oder Erwachsene richtete. Am Premierenabend jedenfalls war das Theater gefüllt mit einem anspruchsvollen Publikum, das auf ein hochprofessionelles Stück wartete.«
Als sich der Vorhang hob und ein als Hund verkleideter Schauspieler auf die Bühne kam, sei es im Publikum zunächst still geblieben - Angst habe sich unter den Schauspielern breit gemacht. Doch bald sei Begeisterung im Saal aufgekommen. Peter Pan wurde schließlich ein Riesenerfolg. Wenige Jahre später war die Geschichte so beliebt, dass Barrie sie auch als Kinderbuch herausbrachte - und damit einen Klassiker schuf.
So phantastisch die Abenteuer in »Nimmerland« sein mögen, inspiriert wurde Barrie von den Spielen fünf realer Jungen, den Kindern des mit dem Schriftsteller befreundeten Ehepaares Llewelyn Davies. Barrie, dessen eigene Kindheit vom frühen Tod seines Bruders und der Krankheit seiner Mutter geprägt war, verbrachte viel Zeit mit den Kindern. Nach dem Tod des Ehepaares adoptierte er die Jungen.
Der Einfluss der Brüder Llewelyn Davies auf Barries weltberühmtes Märchen ist auch Thema des Films »Finding Neverland«, der am 10. Februar auch in die deutschen Kinos kommt. Hollywoodstar Johnny Depp schlüpfte dafür in die Rolle Barries. Kate Winslet spielt Sylvia Llewelyn Davies, die Mutter der Jungen.
Dass Peter bis heute jung geblieben ist, hat er ohnehin nicht zuletzt den zahlreichen Filmen zu verdanken, in denen er die Hauptrolle spielt. Die Disney-Version aus dem Jahr 1953 gehört zu den erfolgreichsten Zeichentrickfilmen aller Zeiten und ist mittlerweile zum Klassiker geworden. Auch die filmische Fortsetzung der Geschichte, »Hook« mit Dustin Hoffman und Robin Williams in den Hauptrollen, war ein Kassenhit.
Und die Geschichte des Elfenjungen kann sogar noch weitergehen. Kürzlich wurde in Großbritannien vom Kinderkrankenhaus Great Ormond Street in London ein Wettbewerb für eine Fortsetzung von »Peter Pan« ausgeschrieben. Barrie, der 1937 starb, hatte der Klinik die Rechte an seinem gesamten Werk vermacht.

Artikel vom 23.12.2004