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Autobahn: Hundebisse
an der Mittelleitplanke

Parteien einigen sich vor Gericht auf Vergleich

Bielefeld (uko). So viel traute Glücksseligkeit zwischen Kläger und Beklagten hatte auch Kammervorsitzender Jochen Geue noch nicht erlebt: Ein Mann wurde auf der Autobahn von einem Hund in beide Hände gebissen. Nun bekam er zwar viel weniger Schmerzensgeld als zunächst gewünscht, dennoch waren alle Parteien hochzufrieden.

Der kuriose Fall spielte sich auf der Autobahn 2 in Fahrtrichtung Hannover ab. Während der Verkehr sich nach einem Unwetter am 28. Dezember 2001 auf allen drei Fahrspuren nur kriechend vorwärts bewegte, bemerkte der Bielefelder Volker Z. zu seinem großen Erstaunen an der Mittelleitplanke einen Hund. Der Autofahrer identifizierte das Tier sofort als Australian Shepherd, immerhin besaß er selbst einen solchen Rassehund.
Volker Z. reagierte sofort: Da auf den Gegenfahrbahnen Richtung Dortmund die Autos mit hohem Tempo fuhren, hielt er seinen Wagen an und stieg aus. Er wollte den Hund in seinen Pkw ziehen, um eine durch das Tier ausgelöste schwere Karambolage zu verhindern.
Just in dem Augenblick, als der Mann nach dem Halsband griff, packte der Australian Shepherd mit voller Kraft zu. Mehrmals biss er den besorgten Autofahrer in beide Hände. Volker Z. war noch Jahre später vor Gericht von der tierischen Reaktion völlig überrascht: Der Hund habe doch einen ruhigen Eindruck gemacht. Zweifellos aber war das Tier aufgrund seiner ausweglosen Lage auf der Autobahn panisch und absolut verängstigt.
Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von 5841 Euro machte Z. gegen den Hundehalter Eugen A. geltend. Insgesamt hatte er 13 tiefe Fleischwunden, die Heilung war nicht unproblematisch. Die Tierhalterversicherung indes winkte ab. Die Haftung greife nur bei zufälliger, unkontrollierter Tiergefahr, die nicht zu vermeiden sei. Volker Z. dagegen habe sich einer »schuldhaften Selbstgefährdung« ausgesetzt.
Z. selbst mochte in dem jahrelangen Rechtsstreit nicht von seinen Forderungen abweichen. Um so erfreuter war Jochen Geue als Vorsitzender der 8. Zivilkammer, als er den Fall nun in völlig entspannter Atmosphäre verhandelte. Autofahrer und Hundebesitzer verstanden sich prächtig. Mehr noch: Fast zum Entsetzen ihrer Rechtsanwälte ließen sie anklingen, die Sache hätte man »auch bei einem Gläschen Bier« schlichten können.
Mit soviel Verständnis für die Gegenseite war der Weg zu einem Vergleich mühelos zu beschreiten. Auf Geues Vorschlag zahlt der Hundehalter 1000 Euro Schmerzensgeld und 500 Euro Schadensersatz. Der Vergleich ist bereits rechtskräftig. Az. 8 O 580/02

Artikel vom 24.12.2004