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An der Grenze zum Klamauk

Erneut geht es auf der Leinwand »In 80 Tagen um die Welt«


Nichts ist unmöglich - so scheint es zumindest angesichts der körperlichen Meisterkünste von Kung-Fu-Ikone Jackie Chan. Der asiatische Kinoheld, bekannt für perfekte Körperbeherrschung und lebensgefährliche Stunts, stürzt sich in seinem neuen Film in das Abenteuer, in 80 Tagen um die Welt zu reisen.
Das klingt antiquiert in Zeiten, in denen Kontinente in wenigen Stunden durchquert werden können, galt vor 130 Jahren aber noch als undenkbares Unterfangen. 1872 lieferte Jules Verne mit seinem Roman die populäre Vorlage zahlreicher filmischer Umsetzungen, von denen die bekannteste der mit fünf »Oscars« prämierte Kinofilm von Michael Todd aus dem Jahr 1956 ist.
Mit dem alten Streifen hat die neueste Verfilmung von Regisseur Frank Coraci aber weder inhaltlich noch qualitativ viel gemein. Die Komödie steht und fällt mit ihrem Hauptdarsteller Jackie Chan, der aus dem Klassiker einen actionreichen Familienspaß macht und wieder mit spektakulären Martial Arts beeindruckt. Die Szenen sind rasant und witzig, bewegen sich aber an der Grenze zum Klamauk. Für Chan-Fans dürfte die Komödie gelungen sein, Liebhaber der Weltreise-Geschichte werden dagegen enttäuscht.
Anders als im Roman und in Todds Klassiker, in dem David Niven neben Shirley MacLaine in der Rolle des Gentleman Phileas Fogg glänzte, steht in der umgeschriebenen Fassung nicht Fogg (Steve Coogan), sondern sein Diener Passepartout (Jackie Chan) im Mittelpunkt. Nachdem Passepartout einen chinesischen Jade-Buddha aus der Bank von England gestohlen hat, den er in sein Heimatdorf zurückbringen will, heuert er auf der Flucht vor der Polizei bei dem exzentrischen Forscher Fogg an. Dieser erntet für seine Erfindungen von der königlichen Akademie der Wissenschaften nur Verachtung.
Während Todds Kinofilm noch als ernst zu nehmende Persiflage auf die britische Gesellschaft und die koloniale Welteroberung gelten konnte, zeigt sich die gesellschaftskritische Pointe im neuen Film nur am Rande.

Artikel vom 23.12.2004