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Kartellamt leitet Verfahren
gegen Gasversorger ein

E.ON Westfalen Weser in Paderborn nicht betroffen

Bonn (dpa/WB). Die massiven Verbraucher-Beschwerden beim Bundeskartellamt wegen kräftiger Preiserhöhungen verschiedener Gasversorger zeigen Wirkung: Gegen fünf Unternehmen wurde ein förmliches Missbrauchsverfahren eingeleitet.

Das kündigte der Präsident der Behörde, Ulf Böge, gestern an. Für die Verbraucher seien die Preisanhebungen nicht transparent, sie fühlten sich nicht hinreichend informiert. Die betroffenen Gasversorger gehörten nach derzeitigen Erkenntnissen zu den teuersten in Deutschland.
Das Kartellamt werde prüfen, ob die Preiserhöhungen bis zu 14 Prozent angemessen und die Senkungen von Bezugskosten in der Vergangenheit weitergegeben wurden. Sollte ein Preismissbrauch festgestellt werden, dürfen die Verbraucher auf Rückerstattung der Beträge hoffen. Böge: »Dann besteht im Prinzip ein solcher Anspruch«.
Betroffen von den neuen Ermittlungen sind die Versorger MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH (RWE), Stadtwerke Mannheim (MVV Energie AG) und Stadtwerke Ulm (SWU Energie GmbH) sowie die Thüga AG Erdgas Allgäu-Oberschwaben (E.ON) und EnBW Ostwürttemberg. Das Kartellamt geht davon aus, dass sich die Unternehmen in den kommenden vier Wochen zu den Vorwürfen äußern werden. Nicht ausschließen wollte Böge, dass auch gegen andere Gasversorger noch förmliche Missbrauchsverfahren eingeleitet werden.
Ausdrücklich ausgenommen von dem Vorgehen der Bonner Kartellwächter wurden E.ON Westfalen Weser (Paderborn), E.ON Hanse (Hamburg), Stadtwerke Bremen und EWE (Oldenburg). Diese Versorger hätten im Vorfeld der Untersuchungen angekündigt, die beabsichtigten Preiserhöhungen zu reduzieren oder in der laufenden Heizperiode keine weiteren Aufschläge zu erheben, sagte Böge. Ferner wurde versichert, dass Gaskunden Rückerstattungen erhielten, falls die Erlöse aus den Preisanhebungen die höheren Bezugskosten überstiegen.
E.ON Westfalen Weser hatte zum 1. Oktober 2004 seine Erdgaspreise für den Verbraucher im Durchschnitt des gesamten Versorgungsgebiets um 11 Prozent angehoben und damit bei vielen Bürgern für Proteste gesorgt.
Der Vorstandsvorsitzender von E.ON Westfalen Weser, Hans-Peter Villis, sah sich gestern sich in seinem Handeln bestätigt. »Damit hat das Bundeskartellamt keine Einwände gegen unsere Erdgaspreispolitik. Die Aufsichtsbehörde bestätigt, dass wir unseren Kunden nach wie vor marktgerechte Preise anbieten«, heißt es in einer Erklärung von E.ON. Nicht zuletzt sei dies, so Villis, auch ein »positives Signal an unsere Kunden.«
Um zu ermitteln, in wie weit auch noch Mitte nächsten Jahres eine eventuelle Mehrbelastung für die Kunden besteht, werde E.ON Westfalen Weser erneut eine Überprüfung der Gaspreise zum 30. Juni 2005 vornehmen lassen. Bis dahin hat E.ON garantiert, seine Preise nicht weiter zu erhöhen.
Grundsätzlich stellte Kartellamtspräsident Böge die Bindung der Gaspreise an die Entwicklung der Ölpreise auf der Endstufe in Frage. Hiermit werde sich die Behörde nach Abschluss der Verfahren auseinandersetzen. »Wir werden darüber nachdenken müssen, ob dieses System kartellrechtlich in Ordnung ist.«
Der Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) erklärte unterdessen, die Gaspreise in Deutschland seien marktgerecht. »Erdgas und Heizöl stehen auf dem Wärmemarkt in einem intensiven Wettbewerb«, betonte BGW-Präsident Uwe Steckert in Berlin. Es sei unverantwortlich, dass die Verbraucherschützer die Kunden zu Rechnungskürzungen aufriefen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 22.12.2004