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Zwei Gegensätze des
amerikanischen Traums

»Anatomie einer Entführung«


Wayne Hayes (Robert Redford) hat sich mit eigener Kraft nach oben gearbeitet. Mit Wohlstand und Karriere lebt er den amerikanischen Traum und vernachlässigt dabei Ehefrau Eileen (Helen Mirren) und die Kinder.
Nach einer Affäre Waynes hat die Ehe ihr Gleichgewicht nicht wiedergefunden, und das Paar lebt eine Beziehung distanzierter Unverbindlichkeit, bis Wayne eines Abends nicht von der Arbeit zurückkehrt. Damit wird Eileens größte Angst Wirklichkeit - wenn auch aus einem anderen Grund. Denn Wayne ist das Opfer eines Entführers geworden, der ihn tief in den Wald zum Versteck seiner angeblichen Auftraggeber treibt.
Der lange Weg durch die Natur ist ein dramatisches Konstrukt von Drehbuchautor Justin Hayte, um die beiden grundverschiedenen Männer in einen Dialog miteinander zu bringen. In dem geht es um Selbstaufgabe und Widerstand, Glück und Pech, um unterschiedliche Persönlichkeiten und Lebensbilanzen.
Beide Männer, Willem Dafoe als Entführer und Redford als Geisel, repräsentieren entgegengesetzte Pole des materiellen Erfolgstraums. Am Ende aber sind sie verbunden im Fazit, dass Glück nicht durch Geld definiert werden kann.
US-Star Redford und Bösewicht Dafoe überzeugen mit soliden Leistungen in einem darstellerisch gut besetzten Film, der allerdings von der Britin Helen Mirren (»Kalender Girls«) getragen wird. Das Regiedebüt des Holländers Pieter Jan Brugge, Produzent so intelligenter und unterhaltsamer Qualitätsfilme wie »Insider« und »Bulworth«, ist ein Lichtblick unter Hollywoods mächtigen, aber uniform zum Gipfel strebenden Unterhaltungsriesen.

Artikel vom 23.12.2004