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Jeder Prüfer
erzielt eine
Million Euro

Steuergewerkschaft beklagt Personalmangel

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Weil das Land Stellen in der Finanzverwaltung streicht, entgehen ihm allein im Bereich der Betriebsprüfung 300 Millionen Euro im Jahr. Das beklagt die Deutsche Steuergewerkschaft, deren Mitglieder im Ortsverband Betriebsprüfungsamt Bielefeld gestern ihre Jahreshauptversammlung abhielten.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bezirksverbandes Westfalen-Lippe, Hans-Jürgen Schnieber, forderte vor den Mitgliedern, das Land müsse den Personalabbau dringend stoppen und deutlich mehr Nachwuchskräfte einstellen. Nur dann könnten die öffentlichen Haushalte in den kommenden Jahren durch Verstärkung der Prüfungsdienste auch über die Einnahmeseite saniert werden.
Im Durchschnitt sorgt ein Prüfer für zusätzliche Einnahmen in Höhe von einer Million Euro. Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung in Bielefeld mit den Außenstellen in den Finanzämtern Bünde, Herford, Gütersloh und Wiedenbrück ist für etwa 3000 Unternehmen zuständig. Im Einsatz sind 107 Betriebsprüfer. »Gut zehn Prozent zu wenig«, beklagt Peter Nauermann, frisch gewählter Vorsitzender des Ortsverbandes, die Situation.
Auch die Zeiträume, innerhalb derer Unternehmen geprüft würden, haben sich immer weiter verlängert. Großbetriebe sind im Durchschnitt nur noch alle 5,3 Jahre an der Reihe, kleine Firmen müssen sogar nur alle zwölf Jahre mit einer intensiven Prüfung ihrer Bücher rechnen. Auf der anderen Seite nimmt etwa der Umsatzsteuerbetrug immer weiter zu. Das Münchener Ifo-Institut schätzt, dass dem Fiskus durch solche Machenschaften in jedem Jahr bundesweit 20 Milliarden Euro verloren gingen.
Schnieber macht nur ein langsames Umdenken bei den Verantwortlichen in der Landesregierung aus, geht es um die Verbesserung der Einnahmen. Das Interesse daran war bisher wohl auch deshalb verhalten, weil eine höhere Steuerkraft sich für Nordrhein-Westfalen negativ beim Länderfinanzausgleich bemerkbar machte.

Artikel vom 22.12.2004