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Putins Offenheit überrascht

Tschetschenien: Russland will mit der EU kooperieren

Hamburg (dpa). Russlands Präsident Wladimir Putin will Deutschland und die EU an der Normalisierung der Lage in Tschetschenien beteiligen.
Wladimir Putin ist heute auch in Schröders Privathaus zu Gast.

Erstmals überhaupt erklärte Putin gestern zum Auftakt der Regierungsgespräche mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Vorschläge Deutschlands »voll und ganz übernehmen« zu wollen. Putin zeigte sich auch in überraschender Offenheit bereit, über die Staatskrise in der Ukraine, die Pressefreiheit und innere Reformen Russlands zu reden. Putin und Schröder trafen sich erstmals seit der ukrainischen Staatskrise, die Verstimmungen zwischen Moskau und der EU ausgelöst hatte.
Aus Putins Delegation hieß es, dass der Präsident im Fall Tschetschenien nur zu einer europäischen Beteiligung beim wirtschaftlichen Wiederaufbau der Kaukasusrepublik bereit sei. Es gehe nicht um eine Zusammenarbeit bei politischen Aspekten des Konflikts. Moskau hatte sich bislang geweigert, im Fall Tschetschenien internationale Hilfe anzunehmen. Deutsche Politiker hatten unter anderem einen Stabilitätspakt vorgeschlagen. Putin ist mit seiner Politik der Zentralisierung seit dem Geiseldrama von Beslan in westlichen Staaten in die Kritik geraten.
Schröder und Putin kamen zunächst im Hotel Atlantic an der Alster zu einem vertraulichen Gespräch zusammen. »Ich rechne mit einem guten und einem unseren guten Beziehungen angemessenen Besuch«, sagte der Kanzler. »Besonders am Herzen« lägen ihm und dem russischen Präsidenten der deutsch-russische Jugendaustausch. Klares Ziel der Regierungsgespräche sei aber auch, die wirtschaftlichen Beziehungen, »die bereits glänzend sind«, weiter auszubauen, sagte Schröder.
Die siebten deutsch-russische Regierungskonsultationen werden heute mit den wichtigsten Ministern auf Schloss Gottorf bei Schleswig fortgesetzt. Nach dem offiziellen Teil wird Putin Schröder (SPD) in dessen Privathaus in Hannover besuchen.
Überschattet ist das Treffen Schröders mit Putin durch die umstrittene Zwangsversteigerung des Kerngeschäfts des russischen Ölkonzerns Yukos. Mit dem Verkauf der Fördergesellschaft Juganskneftegas wurde am Sonntag die Zerschlagung des mit Steuerschulden in Milliardenhöhe belasteten Konzerns besiegelt.Wirtschaft

Artikel vom 21.12.2004