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Heimlich das Telefon des Pfarrers abgehört

Landwirt wollte Untreue seiner Ehefrau beweisen

Von Christian Althoff
Minden (WB). Ein Landwirt aus Minden muss sich am 4. Januar vor Gericht verantworten. Er hatte Telefongespräche auf Tonband aufgezeichnet, die seine Frau (45) mit dem örtlichen Pfarrer (50) geführt hatte. »Nur so konnte ich beweisen, dass die beiden ein Verhältnis haben«, sagt Burkhard S. (50).
Burkhard S. ist seit Juni geschieden und aus der Kirche ausgetreten.

50 Hektar Ackerflächen in Minden-Todtenhausen, dazu ein Job als Vertreter: »Ich habe meine Frau und die beiden Kinder in den letzten Jahren vernachlässigt«, gibt der Nebenerwerbslandwirt zu. Trotzdem sei er überrascht gewesen, als er auf dem Handy seiner Frau zwei angeblich eindeutige Textnachrichten an den örtlichen Pfarrer entdeckt habe: »Ich habe dann die Verbindungsdaten unserer Telefonanlage ausgedruckt und festgestellt, dass die beiden seit Monaten bis zu 90 Minuten lange Gespräche geführt haben.« Dass seine Frau eine Beziehung zu dem Pfarrer nicht habe zugeben wollen, habe er nachvollziehen können, sagt Burkhard S. »Aber dass der Pfarrer als vermeintlich moralische Instanz bei uns im Ort ebenfalls die Beziehung leugnet - das wollte ich nicht hinnehmen.« Deshalb hatte der Landwirt bereits im vergangenen Jahr ein Spruchband gegenüber der Kirche aufgehängt (»Das zehnte Gebot lautet: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib«) und damit für einen Eklat gesorgt. 800 Bürger bekundeten seinerzeit mit einer Unterschriftenaktion ihre Solidarität mit dem Pfarrer. »Und ich wurde als Verleumder gebrandmarkt«, erinnert sich Burkhard S., der sich damals entschloss, die Telefongespräche des mutmaßlichen Liebespaares abzuhören und mit Hilfe eines Anrufbeantworters auf Kassetten aufzunehmen. »Das erschien mir als einzige Möglichkeit, um die Wahrheit zu beweisen«, sagt der Landwirt. Und dieser Beweis ist ihm nach eigenen Angaben gelungen: »Wer die Bänder hört, kann keinen Zweifel mehr an der Affäre haben«, sagt der 50-Jährige. Die Mindener Superintendentin habe sich allerdings mit Hinweis auf den illegalen Ursprung der Bänder geweigert, die Kassetten abzuspielen, und auch ein Gespräch mit dem Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Manfred Sorg, sei ihm verweigert worden. Details der abgehörten Telefonate darf Burkhard S. nicht nennen: Nachdem er seiner Frau eröffnet hatte, dass er »Beweise auf Tonband« habe, hatte diese beim Amtsgericht Minden eine Einstweilige Verfügung erwirkt. Damit wird Burkhard S. bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 Euro verboten, die Gesprächsinhalte zu veröffentlichen. Außerdem schickte die Staatsanwaltschaft dem Bauern einen Strafbefehl über 750 Euro wegen Verstoßes gegen Paragraph 201 des Strafgesetzbuches (»Verletzung des persönlichen Geheimbereiches«). Burkhard S. zahlte nicht und kommt deshalb im Januar vors Amtsgericht. Sein Anwalt Dr. Holger Rostek: »Ich gehe davon aus, dass mein Mandant im Prozess rehabilitiert wird. Nicht strafrechtlich, aber moralisch.«
Der Pfarrer äußerte sich gestern nicht zu dem Fall, und auch im Prozess kann er nicht als Zeuge gehört werden: Das Landeskirchenamt in Bielefeld hat ihm keine Aussagegenehmigung erteilt. Sprecher Andreas Duderstedt: »Pfarrer haben über alles zu schweigen, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut wird.«

Artikel vom 22.12.2004