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Bach zum feierlichen
Ausklang des Jahres

Jubiläumskonzert in der Marienkirche Jöllenbeck

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). So kurz vor Jahresende mehren sich in Jöllenbeck die Anlässe zum Feiern: Die Marienkirche erstrahlt nach gelungener Renovierung in neuem Glanz, und die Kantorei darf in diesem Jahr auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken. Grund genug für Kantor Hauke Ehlers, der Gemeinde zum bevorstehenden Weihnachtsfest mit Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium einen besonderen musikalischen Leckerbissen zu bescheren.

Und es zeigte sich am Sonntagabend, dass das Identifikationspotenzial der Jöllenbecker mit ihrer Kirche und Kantorei recht groß ist. Helfer schleppten noch kurz vor Aufführungsbeginn Stühle aus dem Gemeindehaus heran, so groß war das Interesse an weihnachtlicher Einstimmung. Manch einer trotzte offenbar einer saftigen Erkältung, um den musikalischen Höhepunkt des Jahres 2004 bloß nicht zu verpassen.
Hauke Ehlers hatte seine um Mitglieder des Bielefelder Kammerchors erweiterte Kantorei gut präpariert. Auffallend viele junge Sänger und Sängerinnen sorgen für angenehme Klangfrische und blitzendes Klanggeschmeide. Stimmlich recht ausgewogen jubiliert's und jauchzt's daher im Eingangschor. Da wird die Klage auch schon mal ganz leise »verbannet«, um danach Fröhlichkeit um so herrlicher erblühen zu lassen. Ja, da wurde dem Werk -Ê geboten wurden die Kantaten I bis III sowie Nummer VI -Ê mit hörbarer Sorgfalt begegnet. Selbst der gemeinhin gefürchtete »Ehre sei Gott«-Chor gereichte der Kantorei zur Ehre. Und in den stimmungsvollen Chorälen bot sich zudem Gelegenheit, gestaltgebend einzuwirken, zum Beispiel mit ausgefeilten Tempoverzögerungen.
Ehlers lenkte zudem, wann immer die Gegebenheiten es zuließen, mit Blick auf Verve und vitalen Schwung und brachte damit das Kammerorchester, Instrumentalolisten eingeschlossen, häufig an die Grenzen des präzisen Musizierens. Bisweilen blieb es ihm auch nicht erspart, das Tempo zu drosseln, etwa in der »Frohe Hirten«-Arie, die dann zwar nicht »eilends kommen, das Kindlein zu sehen«, dafür aber mit nahezu lupenreinen Flötenkantilenen und tongerundetem Tenorschneid (Dirk Mestmacher: aussagekräftig auch als Evangelist). Überzeugen konnte die Altistin Hanna Thyssen unter anderem in der »Schlafe«-Arie mit angenehm warmem Timbre und weitem Atem, Thomas Constien wiederum in der bewegten Bass-Arie »Großer Herr«. Etwas zart, aber klangschön: Henrike Mayer (Sopran).
Sicherlich kein leichtes Spiel für die Kantorei wie für sämtliche Ausführende, die über Hustenkonzert und Handygebimmel hinweg doch mit einer konzentrierten Leistung aufzuwarten wussten.

Artikel vom 21.12.2004