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Zahn schmerzte
zwei Jahre lang

Patient mit 4000 Euro entschädigt

Von Christian Althoff
Halle (WB). Zwei Jahre lang ist ein Angestellter aus Halle (Kreis Gütersloh) von einem schmerzenden Backenzahn gequält worden. »Ursache waren Behandlungsfehler«, stellte ein Gutachter fest. Daraufhin hat die Haftpflichtversicherung des Arztes dem Patienten jetzt außergerichtlich 4000 Euro Schmerzensgeld gezahlt.

Als Manfred B. (28) im Dezember 2002 von Schmerzen geplagt wurde, suchte er seinen Zahnarzt in dessen Bielefelder Praxis auf. Der Arzt empfahl, einen angeblich kariösen Backenzahn abzuschleifen und zu überkronen. Zwei Wochen später war die Krone angepasst und einzementiert - doch der Zahn schmerzte weiter. Die acht Laserbestrahlungen, die der Zahnarzt in den folgenden Monaten bei seinem Privatpatienten durchführte, blieben erfolglos. Nach sieben Monaten schlug der Mediziner dem 28-Jährigen schließlich vor, den Zahnnerv zu entfernen, was der Arzt auch tat. Die nunmehr leeren Wurzelkanäle füllte er mit »Walkhoffscher Jodoform-Paste« und verschrieb dem Patienten Penicilin. »Nach einigen Tagen kehrten die Schmerzen allerdings zurück«, erinnert sich Manfred B., der sich damals zur Weiterbehandlung an einen Kieferchirurgen wandte und den Zahnarzt verklagte.
Im Auftrag des Amtsgerichtes Bielefeld überprüfte ein Sachverständiger den Fall und kam zu dem Schluss: »Die ursprünglichen Röntgenbilder des Zahnes lassen weder Karies noch einen Schaden an der Füllung erkennen.« Es sei nicht ersichtlich, warum man diesen Zahn überhaupt habe überkronen müssen, schrieb der Gerichtsgutachter. Auch seien dem Zahnarzt bei der anschließenden Wurzelentfernung Fehler unterlaufen: Beim Aufbohren der Wurzelkanäle sei der Zahnboden zerstört worden, was ein »schwerer Zwischenfall« gewesen sei, den der Arzt dem Patienten verheimlicht habe. »Außerdem war die Füllung der Wurzelkanäle mit Walkhoffscher Jodoformpaste ein Kunstfehler«, stellte der Gutachter fest. Diese Paste sei für die Versorgung von Milchzähnen entwickelt worden. Sie zersetze sich nämlich nach einiger Zeit, um den folgenden Zähnen nicht im Weg zu stehen. Bei Manfred B. führte die Verwendung der Paste dazu, dass seine Wurzelkanäle schon nach einigen Monaten wieder hohl waren. Es bildeten sich Entzündungsherde, die schließlich sogar den Kieferknochen angriffen.
Weil auch die Heilungsversuche des anschließend konsultierten Kieferchirurgen fehlschlugen, musste der Zahn schließlich gezogen werden. Nach Ausheilung des Kiefers wurde dem 28-Jährigen jetzt ein Implantat eingesetzt.
Patientenanwältin Heike Eimertenbrink: »Angesichts der erdrückenden Beweislage hat es die Versicherung des Arztes vorgezogen, es nicht zum einem Gerichtsurteil kommen zu lassen und freiwillig zu zahlen.«

Artikel vom 20.12.2004