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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Erschreckende Zahl


34 000 Menschen in Bielefeld werden vom 1. Januar an vom neuen Arbeitslosengeld II leben. Die bisherige Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe sind darin zusammen gefasst. Hinzu kommen noch diejenigen, die bis zu ein Jahr arbeitslos sind, und Sozialhilfeempfänger, die als nicht arbeitsfähig gelten, sowie deren Angehörige. Macht unterm Strich mehr als 50 000 Menschen im ostwestfälischen Oberzentrum, die auf Unterstützungsgelder angewiesen sind. Immerhin 15 Prozent der 330 000 Bielefelder also sind von »Transferleistungen« abhängig, wie es oft beschönigend heißt - oder so viele Menschen wie etwa in der Nachbarstadt Bad Salzuflen leben.
Eine erschreckende Zahl. Sie ist Ausdruck der aktuellen wirtschaftlichen Probleme, aber auch von strukturellen Fehlentwicklungen, die manche Sozialhilfekarriere noch befördert hat.
Das soll mit Hartz IV nun alles anders werden. Dafür wird auch in Bielefeld ein ganz neuer Apparat aufgebaut, die Arbeitsgemeinschaft von Stadt und Arbeitsagentur, eingebettet in die Rechtsform einer GmbH und mit dem optimistischen Namen »Arbeit Plus in Bielefeld« versehen. 278 Mitarbeiter sollen sich um die Arbeitslosengeld-II-Empfänger kümmern.
In den vergangenen Wochen wurde die öffentliche Debatte davon bestimmt, wie knapp die Zeit bemessen ist, die Riesen-Reform umzusetzen. Hiobsbotschaften machten die Runde, die Anträge könnten nicht rechtzeitig bearbeitet werden, die Menschen am Beginn des neuen Jahres ohne Geld dastehen. All das wird sich zumindest in Bielefeld wohl nicht bewahrheiten. Zu danken ist dies einer gewaltigen Kraftanstrengung von Mitarbeitern der Stadt und der Arbeitsagentur.
Aber die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt. Der Druck, die Menschen in ein neues, angemessenes Arbeitsverhältnis zu vermitteln, wird wachsen. 34 Millionen Euro werden für Qualifizierungsmaßnahmen und Integrationshilfen zur Verfügung stehen, doppelt so viel wie bisher. Ein Riesen-Topf, der hoffentlich sinnvoll eingesetzt wird und von dessen Inhalt nichts mehr in ebenso sinnlose wie überflüssige Qualifizierungsmaßnahmen gesteckt wird.
Von den Hartz-IV-Empfängern wird Flexibilität verlangt, sie müssen teilweise erhebliche finanzielle Einschnitte hinnehmen. Dann darf umgekehrt erwartet werden, dass auch die Anstrengungen, sie wieder in Lohn und Brot zu bringen verstärkt werden.
Hartz IV hat die Zahlen in der Arbeitslosenstatistik in Bielefeld zunächst anwachsen lassen. In einem Jahr werden alle wissen, ob die Reform tatsächlich der große Wurf war, die Kurve tatsächlich deutlich nach untern geht.

Artikel vom 18.12.2004