07.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Kriegserfahrungen
prägten das Leben

FH-Studentin Silvana Milickovic erhielt DAAD-Preis

Bielefeld (sas). Der Bürgerkrieg in ihrer bosnischen Heimat hat den Lebensweg, aber auch die Einstellungen von Silvana Milickovic nachhaltig geprägt: Die junge Frau, die in ihrer Heimat ein Jurastudium abgebrochen hatte und in Zenica als Bürokauffrau arbeitete, flüchtete Mitte der 90er Jahre nach Deutschland.
Hier studiert sie seit März vergangenen Jahres an der Fachhochschule Sozialpädagogik - mit solchem Erfolg, dass sie den Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender erhielt.
Über diese Auszeichnung und das Preisgeld von 800 Euro hat sich die alleinerziehende Mutter eines dreijährigen Sohnes riesig gefreut. »Ich hätte nie damit gerechnet«, sagt sie. Vorgeschlagen wurde die Studentin von Prof. Dr. Angela Brand. Die hatte Silvana Milickovic in einem Seminar kennen gelernt. »Ich habe dort ein Referat über soziale Ungleichheit und Gesundheit gehalten«, erzählt die 40-Jährige. Brand war von dem Referat wegen der »exzellenten akademischen Leistungen«, aber auch wegen der pädagogischen Fähigkeiten ihrer Studentin angetan, ebenso aber auch während des gesamten Seminars von ihren Diskussionsbeiträgen, die befruchtend waren, und von ihrem Lebensweg.
Nach ihrer Flucht nach Deutschland lernte Silvana Milickovic zielstrebig in vier Kursen die deutsche Sprache. 1998 musste sie aufgrund des Friedensvertrages in Bosnien in ihrer Heimat zurückkehren. Ihr Ziel, in Deutschland zu studieren, verlor sie nicht aus den Augen: »Ich habe weiter Sprachkurse besucht und ehrenamtlich in einem Heim für die Kinder von Kriegsopfern gearbeitet«, erzählt sie. Ein Jahr darauf kehrte sie zurück, nahm zuerst ein Pädagogikstudium an der Universität Bielefeld auf und wechselte nach der Geburt ihres Sohnes und Erziehungszeit zur Fachhochschule.
»Ich denke, dass ich jetzt das Fach studiere, dass meinen Interessen und Neigungen wirklich entspricht«, meint sie. Die Veranstaltungen machen ihr Spaß, das Literaturstudium empfindet sie nicht als anstrengend, und in Praktika hat sie schon die Arbeit mit Jugendlichen, mit Behinderten und mit alten Menschen kennen gelernt. »Das Gute ist, dass das FH-Studium so schnell, praxisbezogen und vielfältig ist.«
Ihre Diplomarbeit hat Silvana Milickovic schon im Auge: »Sie wird sich mit Altenarbeit, mit Bildung im Alter befassen.« So manches, meint sie, verbinde sie mit den Älteren: Auch sie hätten Kriegserfahrungen, wüssten was Entbehrungen bedeuten. »Man erfährt viel über sich, darüber, was man kann und aushält«, sagt sie, wenn sie an die Bürgerkriegs- und Nachkriegszeiten ohne Strom, Essen, oft auch ohne Wasser, dafür mit Schießereien zurückdenkt. »Bis dahin bedeutete Krieg für mich nur Geschichte. Ihn zu erleben, hat mich verändert, man bekommt ganz andere Werte.«

Artikel vom 07.01.2005