17.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Ruin« rückt
immer näher

Haushalt 2005 in Willebadessen

Von Carsten Reinhardt
Willebadessen (WB). Eine gute Nachricht vorweg: Die Steuern, Gebühren und Abgaben werden 2005 in der Stadt Willebadessen nicht erhöht. Doch ansonsten sind es ausnahmslos schlechte Nachrichten, wenn man die Finanzsituation der Stadt im kommenden Jahr unter die Lupe nimmt - diese wird immer prekärer.

Das geht aus den Eckdaten des Haushaltsplanentwurfs hervor, den Bürgermeister Hans Hermann Bluhm und Kämmerer Friedhelm Sake gestern Abend in den Stadtrat eingebracht haben. Die Kommune sei heute an einem Punkt angekommen, »an dem der finanzielle Ruin nicht mehr weit ist«, sagte der Kämmerer bei der Vorstellung des Zahlenwerks.
Immer mehr Aufgaben bei immer weniger Einnahmen, dazu deutlich schrumpfende Rücklagen trotz eines Sparkurses - schon 2006 könnte nach den Worten Sakes auf die Stadt ein Haushaltssicherungskonzept zukommen. Um diesmal einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, muss laut Plan aus der Rücklage eine Summe in Höhe von einer Million Euro entnommen werden. Damit würden Ende 2005 nur noch rund 830 000 Euro in diesem für die städtischen Handlungsspielräume so wichtigen »Sparstrumpf« verbleiben.
Der Verwaltungshaushalt, der die laufenden Einnahmen und Ausgaben umfasst, hat ein Volumen von 10,188 Millionen Euro - eine Erhöhung um 2,39 Prozent. Der Vermögenshaushalt, der die Möglichkeiten für Investitionen widerspiegelt, weist Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 3,16 Millionen Euro aus (plus 23,84 Prozent).
Der Kern des Finanzproblems liegt im Verwaltungsteil: Hier werden Mindereinnahmen bei den Schlüsselzuweisungen in Höhe von 355 300 Euro erwartet, zugleich wird nach gegenwärtigem Stand die Erhöhung der Kreisumlage wegen des Hartz-IV-Gesetzes unterm Strich mit Mehrausgaben in Höhe von 152 210 Euro verbunden sein, weist der Plan aus.
Sake erklärte, den Kommunen werde seit Jahren vom Bund eine Gemeindefinanzreform versprochen. Das Land verankere in seiner Verfassung das Prinzip »Wer bestellt, bezahlt auch«, der Kreis spreche von der kommunalen Familie, »aber sie greifen unentwegt in die Taschen der Letzten, der Kommunen«, beklagte er die Rahmenbedingungen.
Investitionen sind in einer Höhe von 1,886 Millionen Euro vorgesehen. Hierzu gehören: Instandsetzungsarbeiten an Feuerwehrgerätehäusern, Gemeindehallen, Schulen, Sportplätzen und Turnhallen, die Dorferneuerung in Fölsen und Peckelsheim sowie der Beginn der Stadtsanierung im alten Ortskern Willebadessens. Weitere Gelder sind für den Ausbau von Ortsstraßen und die Erschließung des Gewerbegebietes Willebadessen vorgesehen.
Sake betonte in seiner Haushaltsrede, die Finanzausstattung werde sich wegen der Vorgaben des Landes nicht verbessern. Es sei sogar noch mit zusätzlichen Ausgaben in den Bereichen Ganztagsgrundschule und Kinderbetreuung zu rechnen. »Die strukturelle Schwäche der Stadt tritt immer mehr in den Vordergrund«, wagte der Kämmerer einen Ausblick, »die in den letzten Jahren unter großer Kraftanstrengung erzielten Einsparungen werden durch die geringeren Schlüsselzuweisungen und die Mehrbelastung nach Hartz IV zunichte gemacht«. Nennenswerte Einsparpotentiale seien nicht mehr vorhanden. Sake: »Es bleibt somit nur zu hoffen, dass sich kurzfristig der konjunkturelle Aufschwung einstellt und eine wirklich durchgreifende Gemeindefinanzreform erfolgt.«
Für den Kämmerer übrigens war es nach mehr als 35 Jahren der letzte Haushaltsplan, den er verantwortlich erstellt hat. Friedhelm Sake geht Ende Februar in den Ruhestand. Eine Ehrensache, dass er gestern in Willebadessen die Haushaltsrede hielt. Im Stadtrat soll der Haushalt am Donnerstag, 27. Januar, beschlossen werden.

Artikel vom 17.12.2004