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Rauffer rast zum späten Glück

Sieg in Gröden beendet die 13-jährige deutsche Abfahrts-Durststrecke

Gröden (dpa). Von Ehefrau Gaby gab es einen dicken Kuss, von Vorgänger Markus Wasmeier ein großes Sonderlob.

Max Rauffer hat mit seinem Sensationssieg in der Abfahrt von Gröden nicht nur die eigene Karriere unverhofft gekrönt, sondern auch die Durststrecke der deutschen Ski-Herren nach fast 13 Jahren beendet. Dass der Wind auf der Saslong-Piste beim ersten Weltcup-Erfolg am Samstag tatkräftig geholfen hatte, war dem 32-Jährigen egal. »Ich habe mich nur auf mein Rennen konzentriert. Ich wusste, dass ich gut Skifahren kann. Jetzt habe ich es allen gezeigt. Das ist ein wunderschönes Gefühl«, sagte der Leitzachtaler.
Genau ein Jahr nach seinem Kreuzbandriss am selben Ort wurde der schon als Bruchpilot abgeschriebene Rauffer zum Triumphator. »Ich ziehe vor ihm den Hut. Seine Leistung kann man nach all den Verletzungen gar nicht hoch genug bewerten«, sagte Wasmeier, der am 11. Januar 1992 in Garmisch-Partenkirchen als bislang letzter Deutscher ein Weltcup-Rennen gewonnen hatte. Rauffers Coup war erst der sechste deutsche Abfahrtssieg. Vor ihm hatten neben Wasmeier (2x) nur noch Sepp Ferstl (2x) und Franz Vogler (1x) in der alpinen »Königsdisziplin« gewinnen können.
Gleich nach der Zielankunft mit seiner »Glücksnummer 13« hatte Rauffer zufrieden beide Fäuste geballt. Als anschließend alle Favoriten bei immer stärkerem Wind die Zeit nicht unterbieten konnten, war die große Überraschung perfekt. In 1:50,59 Minuten verwies er am Tag der Außenseiter den Schweizer Jürg Grünenfelder (1:50,64) und Österreichs Johann Grugger (1:50:72) auf die Plätze zwei und drei. Gesamtweltcup-Spitzenreiter Bode Miller (USA) wurde nur 14. Österreichs Superstar Hermann Maier erlebte als 37. ein neues Debakel.
Ob Rauffers bislang so bittere Karriere nun eine positive Wendung nimmt oder der Coup von Gröden ein einmaliger Glücksmoment war, bleibt abzuwarten. »Ich will mich an die ganzen Rückschläge nicht mehr erinnern. Was für mich zählt ist heute dieser Sieg«, sagte der Oberbayer, der bislang erst einmal als Dritter in Kvitfjell 2000 auf dem Siegerpodest gestanden hatte und nur fünf Top-Ten-Platzierungen aufzuweisen hatte. Auch in dieser Saison war mehr als Platz 18 bislang nicht drin gewesen. »Ich kenne wenige, die im vierten Rennen nach einem Kreuzbandriss einen Sieg einfahren«, lobte Cheftrainer Werner Margreiter. Der Coach glaubt an eine Initialzündung für das ganze Team. »Das wird uns ganz viel Auftrieb geben.«
Vom doppelten Halswirbelbruch bis zu schwersten Knieverletzungen - alle Rückschläge hat Rauffer verdaut. Doch als Wasmeiers potenzieller Nachfolger sei der Druck oft zu groß gewesen. »Die letzten Jahre waren nicht immer einfach«, sagte Rauffer, der wie einige Kollegen im Vorjahr eine Kaution von 10 000 Euro als Leistungsgarantie an den Deutschen Skiverband hatte zahlen müssen und zuvor sogar in den Europacup zurückgestuft worden war.
Immer wieder hatte der Speed-Spezialist sein Potenzial angedeutet, in entscheidenden Momenten aber Pech gehabt oder gepatzt. So hatte er bei der WM in St. Moritz 2003 auf Medaillenkurs gelegen, war dann aber gestürzt. Ein Jahr zuvor hatte er nach Platz 34 in der Olympia-Abfahrt trotzig erklärt: »Meine Rennen kommen noch« - und war dafür in der Alpin-Szene belächelt worden.
Thomas Grandi aus Kanada hat den Riesenslalom im italienischen Alta Badia gewonnen. Der 31- Jährige sicherte sich seinen ersten Weltcupsieg in 2:34,23 Minuten vor Benjamin Raich (Österreich/2:34,80). Bode Miller (USA) erreichte nicht das Ziel, verteidigte aber seine Führung im Gesamtweltcup.
Die deutschen Abfahrtserfolge26. Februar 1972: Franz Vogler (Oberstdorf) in Crystal Mountain
21. Januar 1978: Sepp Ferstl (Hammer-Vogling) in Kitzbühel
20. Januar 1979: Sepp Ferstl in Kitzbühel
17. Januar 1987: Markus Wasmeier (Schliersee) in Wengen
11. Januar 1992: Markus Wasmeier in Garmisch-Partenkirchen
18. Dezember 2004: Max Rauffer (Leitzachtal) in Gröden

Artikel vom 20.12.2004