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Hilfe von Supermamas bitter nötig

Erziehungs-TV zeigt drastisch, was abgeht in deutschen Kinderzimmern

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Wenn die »süßen Kleinen« voll aufdrehen und Eltern mit den Nerven total am Ende sind, nicht mehr weiter wissen: Dann schickt RTL II mittwochs um 21.15 Uhr »Die Supermamas«, die tatsächlich Super-Erzieherinnen sind.
Supermama Aicha beobachtet ganz genau, wie Cindy (29) mit ihrem Sohn umgeht. Foto: RTL II
Allein der Titel liegt daneben: Nicht »Die Supermamas - Einsatz im Kinderzimmer«, sondern Aicha (36) und Miriam (31), die Task Force für die ganze Familie, sind die wahren Helden.
Im Gegensatz zu RTL, wo »Die Super Nanny« nur eine Stunde hat, beobachten, beraten und helfen die Supermamas auf dem Nachbarkanal doppelt solange - Zeit, die bitter nötig ist.
Die Erzieherinnen Aicha und Miriam, die auch eigene Kinder haben, zählen Flüche, protokollieren Bockigkeiten und hören noch geduldig zu, wenn nur noch geschrieen wird. Die Vollprofis wissen, wem wie beizukommen ist.
Meist nur im Hintergrund vollbringen sie am Ende kleine Erziehungswunder. Nach Monaten kommen Mütter wieder dazu, durchzuatmen, einmal abzuschalten. »Gehen Sie auf Augenhöhe mit ihrem Kind«, »Nicht zuviel diskutieren«, »Keine Machtkämpfe«: Die handfesten Tipps gelten letztlich für Groß und Klein. Beide Seiten gewinnen neue Ruhe nach Ausflippen und Ego-Trips - etwas das häufiger vorkommt, als jenseits aller theoretischen Erziehungsberatung vorstellbar.
Nicht zu viel versprochen: aus Plagegeistern können kleine Engel werden. Die Kamera ist extrem nah dabei, wird aber offensichtlich nicht mehr wahrgenommen. Irgendwann bekommt Mama tatsächlich ein Dankeschön-Küsschen und mit viel Geduld ist eines Tages wieder pünktlich Nachtruhe. Denn Mama hat gelernt, Vorgaben zu machen und mit sanfter Bestimmtheit ihren neuen Kurs zu fahren.
Auch »Super Nanny« Katja Saalfrank von RTL schaftt's nicht mehr allein. Ihr hilft im neuen Jahr Nadja Lydssan (39). Sie hat gleichfalls langjährige Erfahrung in der Familienarbeit und ist Trainerin im Kriseninterventionsprogramm ÝFamilie im MittelpunktÜ. »Aus meinem Berufsalltag weiß ich, wie wichtig es ist, direkt mit den Familien vor Ort zu arbeiten und sie im Alltag mit praktischen Tipps zu unterstützen.«
Brutal intim und privat sind in beiden Erziehungssendungen die Blicke auf verzweifelte Mütter, überdrehte Kinder und versagende Väter, die lieber am Computer daddeln. Kinderschützer sehen Kinderrechte gefährdet: Nichts werde gesendet, was nicht die Zustimmung der Eltern finde, versichert dagegen Susanne Raidt von RTL II. Die Beteiligten nähmen Erziehungshilfe - auch öffentlich beobachtet - gerne in Anspruch und bewerben sich.
Die Quote von fast vier Millionen Zuschauern bei RTL II überzeugt die Macher, richtig zu liegen. Die Staffel von zunächst sieben Sendungen wird im kommenden Jahr auf dienstags 20.15 Uhr vorgezogen. Auch um diese Zeit sollten kleine Kinder schon im Bett sein - und nicht mehr nölend die Treppe herunterkommen...

Artikel vom 15.12.2004