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Die alte Dame
ist wieder
strahlend jung

Herthas Nachspieltage in Saalbach

Von Klaus Lükewille
Saalbach (WB). 17 Fußball-Bundesligisten haben sich längst in die Winterpause verabschiedet. Nur bei einem Klub wird weiter gerannt, geschwitzt und geredet: Für Hertha BSC Berlin geht die Vorrunde erst an diesem Samstag zu Ende.

Im österreichischen Saalbach hat Trainer Falko Götz seinen Kader noch einmal für ein paar Tage zusammengezogen. Am Sonntag geht es zurück in die Hauptstadt, dann beginnen auch für die Hertha-Kicker die Festtage. In diesem Jahr werden es »Frohe Weihnachten«, vor zwölf Monaten um diese Zeit brannte der Baum. Der damals mit so großen Ansprüche gestartete Klub war in der Liga plötzlich nur noch eine ganz kleine Nummer.
Tabellenplatz 17. Mickrige 13 Punkte. Und ein miserables Torverhältnis. 15:33 Tore. Negative Zahlen, der Abstieg drohte. Erst recht nach dem Rückrundenstart, als Hertha in Bremen eine 0:4-Packung bezog und auf den letzten Liga-Rang abrutschte.
Dieter Hoeneß bekommt heute noch eine Gänsehaut, wenn er an diese Zeit zurück denkt. Im Dezember 2004 kann der Manager auf ganz andere Bilanzen blicken. Erleichtert - und zufrieden. 28 Punkte, 28:15 Tore, macht zusammen Platz 6. Hertha, die alte Fußball-Dame, sie ist offensichtlich in den Berliner Gesundbrunnen getaucht und strahlend jung wieder heraus geklettert.
»Wir haben eine Mannschaft mit Perspektive«, hat Arne Friedrich erkannt. Für den Ex-Arminen der Hauptgrund seiner Entscheidung: Der Nationalspieler verlängerte vorzeitig bis 2007. Der Kapitän bleibt auf der Berliner Brücke, der Manager plant die Zukunft. »Bei uns wächst etwas zusammen. Falko Götz ist auf dem besten Wege, ein echtes Team zu formieren«, stellt Hoeneß erfreut fest.
Der Trainer saß nach dem 23. Oktober aber noch auf einem Stuhl, der bereits bedenklich wackelte. Da hatte Hertha bei den Bielefelder Arminen 0:1 verloren, stand mit elf Punkten und einem Torverhältnis von 10:8 nur auf Rang zehn. Doch Hoeneß zeigte sich schon damals zuversichtlich: »Die Mannschaft hat Qualität. Es ist nur eine Frage der Zeit, dann wird es laufen. Da bin ich sicher.«
Vor Wochen noch eine Mischung aus Wunschdenken und Zweck-Optimismus - aber auch die Prognose eines Experten, der die Möglichkeiten seiner Auswahl erkannte. Inzwischen hat der Manager zu hundert Prozent Recht behalten. Hertha BSC, dirigiert von dem überragenden Brasilianer Marcelinho, schießt Tore wie am Fließband, hat die stärkste Abwehr, zeigt trotzdem sehenswerten Offensiv-Fußball und marschiert immer weiter nach oben.
Rang sechs berechtigt inzwischen zu internationalen Ambitionen, doch Hoeneß kommt es im Moment gar nicht so sehr auf die Platzierung an. Behauptet er jedenfalls. Die Manager-Sicht: »Wichtig ist, dass wir gute Spiele zeigen, dass sich die Mannschaft noch mehr festigt.« Das Fernziel bleibt die Qualifikation für die Champions League, der große Traum heißt Meisterschaft.
»So weit sind wir noch lange nicht«, bremst Falko Götz. Dem Trainer ist es aber gelungen, die Mannschaft vor allem auswärts zu stabilisieren. 17 der 28 Punkte holte Hertha auf fremden Plätzen. Eine beachtliche Quote, die jedoch gleichzeitig eine Schwäche deutlich aufzeigt. Im Olympiastadion buchte Hertha bei neun Versuchen lediglich zwei Siege.
Auch dieses Thema wurde in vergangenen Tagen angesprochen. Beim Auswärtsspiel in Saalbach. Das muss sich ändern. Mit guten Vorsätzen geht es ins neue Jahr und in die Rückrunde. Klar, das nächste Heimspiel am 30. Januar 2005 wird gewonnen. Der Gegner heißt ja nur FC Bayern München.

Artikel vom 18.12.2004