Bielefeld (uj). Sigrid Lichtenberger geht den Dingen gern auf den Grund. Damals, in den 30er Jahren als Chemiestudentin ebenso wie heute als Literatin. Neugierig und vielseitig interessiert, hinterfragt die 81-jährige Schriftstellerin alles und fasst es in Geschichten und Gedichte. Ihre Spezialität besteht darin, das Gestern mit dem Heute zu verbinden. So wie in ihrem jüngsten Werk »Begegnungen in Bielefeld«, das aktuell im Pendragon Verlag erschienen ist und Bielefelder Historie ganz anschaulich und lebendig in fiktive Begegnungen packt. In ihren Geschichten begegnet sie den Menschen, die das Bild der Stadt mit prägten. Sie trifft Marswidis, die in ihre Kirche zurückgekehrt ist. »Vielleicht möchte sie sehen, was aus ihrer Stiftung geworden ist«, sinniert die Autorin und zeichnet auf Grundlage der historisch überlieferten Fakten das Leben der Schildescher Stiftsdame nach. In erdachten Gesprächen und Gedankengängen mit der »Erscheinung« schafft sie es, die historische Person dem Leser anschaulich und persönlich nahe zu bringen, ohne jemals ins Banale, Spekulative abzugleiten. Ihre Erzählungen spickt die Autorin nicht selten mit Quellenzitaten, die sie erstaunlich organisch in den Text mit einflicht. Überhaupt liegt ihren heiteren, mit leichter Handschrift und feinem Humor gezeichneten Geschichten ein fundiertes Quellenstudium zugrunde. Recherchen im Stadtarchiv dienten immer wieder auch als Anregung, einzelne interessante Stationen und Begebenheiten der Bielefelder Stadtgeschichte in Geschichten zu erzählen. Ein Jungbrunnen auf dem Kesselbrink, der im 17. Jahrhundert viele hundert Menschen wieder gesund machte . . . -Êder König der Wiedertäufer, der in Ketten gelegt von Münster bis zur Sparrenburg gebracht wurde . . . . In all jenen Kurzgeschichten erwacht ein Stück Vergangenheit der Stadt zum Leben, lässt Sigrid Lichtenberger durch ihren sympathischen Blick den zeitlichen Abstand zu fernen Gestalten schmelzen. Die 1923 in Leipzig geborene Schriftstellerin lebt seit 1953 in Bielefeld, einer Stadt, deren Schönheit sie laut eigener Aussage erst spät entdeckte. Seit den 80er Jahren veröffentlichte sie zahlreiche Lyrik- und Prosabände im Pendragon Verlag. Derzeit arbeitet die agile Autorin an ihrer Autobiografie.
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