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Korruptionsfall aufgedeckt

Immobilienmakler sollen Lidl um Millionen geschädigt haben

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Immobilienmakler Franz S. (51) aus Paderborn sowie ein Makler (63) aus dem niedersächsischen Neustadt sollen gemeinsam das Einzelhandelsunternehmen Lidl um mehrere Millionen Euro geschädigt haben.

»Wir haben Anklage gegen die beiden Männer erhoben, und zwar wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue«, sagte gestern Jürgen Lendeckel, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover. Neben den beiden Maklern sollen sich auch zwei frühere Lidl-Manager vor Gericht verantworten. Sie sollen von den Maklern bestochen worden sein und Geld und andere Geschenke im Wert von etwa zwei Millionen Euro angenommen haben. »Lidl hat sich bereits von diesen beiden Mitarbeitern getrennt«, sagte gestern eine Sprecherin des Unternehmens. Über die genaue Höhe des Schadens, der Lidl entstanden sei, könne noch nichts gesagt werden.
Lidl gehört zur Schwarz-Gruppe (Jahresumsatz 34 Milliarden Euro, 151 000 Mitarbeiter in 19 Ländern). Der Discounter ist eines der am stärksten expandierenden Unternehmen in Deutschland und ständig auf der Suche nach Grundstücken, um die Zahl der etwa 2500 Märkte kontinuierlich auszuweiten. Oberstaatsanwalt Lendeckel: »Dies haben der Geschäftsführer der Lidl GmbH & Co. KG Wunstorf und sein Immobilienleiter ausgenutzt. Sie sollen den Maklern zum Beispiel vertraulich von Grundstücken berichtet haben, die für Lidl interessant sein könnten. Daraufhin sollen die Makler diese Grundstücke Lidl offiziell angeboten und entsprechende Provisionen kassiert haben.« Zudem sollen die Lidl-Manager Angebote anderer Makler abgelehnt und die der befreundeten Makler zurückdatiert haben, damit diese als Erstanbieter galten.
Die Gegenleistungen sollen beträchtlich gewesen sein: Geld, günstige Darlehn, Gesellschaftsbeteiligungen und einen Mercedes zum Vorzugspreis sollen die mutmaßlich untreuen Lidl-Manager zwischen 1997 und 2002 erhalten haben. Lendeckel: »Da diese Zuwendungen einen Wert von etwa zwei Millionen Euro darstellen, muss der finanzielle Vorteil für die Makler und damit der Schaden für Lidl entsprechend höher gewesen sein.« Der Korruptionsfall war nach Angaben der Staatsanwaltschaft von einem aufmerksamen Lidl-Mitarbeiter aufgedeckt worden.
In ihrer 167 Seiten starken Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft dem entlassenen Geschäftsführer Wolfgang Sch. 82 Fälle und seinem Immobilienleiter 46 Fälle von Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr vor, außerdem Untreue zu Lasten des Unternehmens Lidl.
Makler Franz S. aus Paderborn bestreitet die Vorwürfe vehement. Sein Rechtsanwalt Dr. Holger Rostek aus Bielefeld: »Die Provisionen, die mein Mandant bekommen hat, waren ehrlich verdient und haben ihm zugestanden. Da ist nichts gemauschelt worden.«
Ein Termin für den Strafprozess steht noch nicht fest.

Artikel vom 15.12.2004