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Neue Wege beim Zivilstreit

Modellprojekt hält an den Amtsgerichten im Kreis Höxter Einzug

Von Ingo Schmitz
Kreis Höxter (WB). Wenn die Hecke des Nachbarn aufs Grundstück ragt, die Garage zu dicht an die Grenze gebaut wurde, der Mieter zu oft Schlagzeug spielt oder es Ärger ums Erbe gibt, treffen sich Streithähne vor dem Richtertisch wieder. Das kann von Januar an auch anders aussehen. Dann ist an den Amtsgerichten Höxter, Warburg und Brakel ein richterliches Mediationsverfahren möglich.
Die beiden Richter Stephan Schneyer und Ulrich Thewes (v.l.) bieten demnächst Mediationsverfahren an. Foto: Ingo Schmitz
»Es spart Zeit und in der Regel auch Geld«, nennen Ulrich Thewes und Stephan Schneyer, Richter an den Amtsgerichten in Höxter und Warburg, Argumente, die für diese juristische Variante sprechen. Und außerdem: »Keiner der Beteiligten wird sich nach dem Verfahren als Gewinner oder Verlierer fühlen.« Thewes und Schneyer haben sich bei dem ostwestfälisch-lippischen Pilotprojekt zu Richtermediatoren weitergebildet.
Ulrich Thewes erklärt: »Mediation ist ein freiwilliges Verfahren zur Beilegung von Konflikten. Dabei sollen die streitenden Parteien durch die Vermittlung eines neutralen Dritten -Êdes Mediators -Êdarin unterstützt werden, selbst Problemlösungen zu entwickeln, die von allen Beteiligten akzeptiert werden.« Schneyer: »Es geht um komplexe Fälle, in denen eine Einigung erzielt werden soll. Langwierige Prozesse können so vermieden werden.«
Die Erfolgsbilanz des Landgerichts Göttingen spricht für sich: Dort ist im Jahr 2003 in 700 Verfahren eine Mediation angeregt worden -Êin fast 90 Prozent der Fälle kam es nach Angaben des Gerichts zu einer Einigung. In den restlichen Fällen wurde dennoch ein Zivilprozess notwendig.
So läuft die Mediation: Nach Eingang der Klage beim Richter schreibt dieser die streitenden Parteien an, um sie über das Mediationsverfahren zu informieren. Wenn sich der Fall aus Sicht des Richters eignet und die beiden Streitparteien einverstanden sind, kommt der Mediator ins Spiel. Schneyer ist dabei zuständig für die Bereiche Höxter und Brakel, Thewes für Warburg und Brakel.
Während bis zum Abschluss eines Zivilprozesses durch ein Urteil schon mal ein ganzes Jahr vergehen kann, treffen sich die streitenden Parteien mit ihren Anwälten und dem Mediator schon nach sechs bis acht Wochen zu einem Mediations-Termin in einem Besprechungsraum des Gerichts. Ziel ist es, in einem bis zu zweistündigen Gespräch eine Einigung herbeizuführen.
Thewes stellt klar: »Von unserer Seite gibt es keine rechtliche Beurteilung des Falls. Unsere Aufgabe ist es, auf die Einhaltung der Verfahrensregeln zu achten und die Parteien dazu anzuregen, gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.« Kommen Kläger und Beklagter zu einem Ergebnis, wird dies von dem Mediator protokolliert. »Die Einigung ist für beide Parteien verbindlich und vollstreckbar«, berichtet Schneyer. Sollte das Modellprojekt erfolgreich sein, soll die Mediation in ganz NRW angewendet werden.

Artikel vom 15.12.2004