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Sturm verhindert
den Einsatz der Helfer

Nach Havarie vor den Aleuten Angst vor Öl-Katastrophe

Anchorage (dpa). Wettlauf gegen die Zeit in Alaska: Nach der Havarie des Frachters »Selendang Ayu« vor den Aleuten-Inseln haben Rettungskräfte noch immer nicht die ölverschmutzten Strände erreichen können.

»Bei stürmischer See konnten wir uns mit den Booten nicht der Küste nähern«, sagte Amy Thomas von der Küstenwache in Anchorage. Das spektakuläre Naturreservat mit Meeressäugern und vielen Seevogelarten ist nur per Boot und Hubschrauber zu erreichen.
»Wir kennen immer noch nicht das ganze Ausmaß der Katastrophe«, sagte Bruce Woods von der US-Fischereibehörde Fish and Wildlife Service. »Es ist unsere größte Sorge, dass die gesamte Ölmenge ausläuft.« Das auseinander gebrochene Schiff hat 1,6 Millionen Liter Öl geladen. Ein Haupttank mit 150 000 Litern Schweröl ist bereits geborsten. Beim Überfliegen der Unglücksstelle wurden weitere Lecks gesichtet. Mit Hilfe von schwimmenden Absperrungen, die in der stürmischen See ausgelegt wurden, soll der zähe Ölfilm von lachsreichen Strömungen fern gehalten werden.
Das 225 Meter lange Schiff sei in einem noch schlechteren Zustand als befürchtet, sagten Rettungsexperten nach einer ersten Inspektion. Ein neuer Sturmausläufer könnte zudem weitere Einsätze verzögern. Es könne noch Tage dauern, bis ein Havarieplan erstellt werden kann. Falls das Öl in der stürmischen See nicht abgepumpt werden kann, muss das Wrack möglicherweise in einem schwierigen Manöver an einen anderen Ort gebracht werden. Schwere See mit bis zu elf Meter hohen Wellen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometern in der Stunde verhinderten bislang die Bergung.
Der World Wide Fund For Nature (WWF) warnte unterdessen vor den Folgen für viele seltene Tierarten und den Langzeitschäden. Die Unalaska-Insel 1300 Kilometer südwestlich von Anchorage ist Heimat von Seelöwen, Seehunden, Ottern und vielen Seevogelarten sowie Wanderkorridor und Überwinterungsgebiet.
»Dies könnte sich zur größten Öl-Katastrophe seit dem Exxon Valdez-Unglück entwickeln«, sagte Greg Siekaniec von der Naturschutzbehörde Alaska Maritime Refuge. 1989 war der Tanker Exxon Valdez im Prince-William-Sund auf Grund gelaufen. 40 Millionen Liter Öl verwandelten damals einen fast 2000 Kilometer langen unberührten Küstenabschnitt in einen Teerstrand. Tausende Vögel und Meerestiere kamen ums Leben.
Ein Greenpeace-Team fand im März 2004 immer noch Spuren der Ölverschmutzung. US-Forscher stellten 15 Jahre nach dem Unglück fest, dass Seeotter und Meeresenten bei der Futtersuche am Grund gesundheitsschädliche Mengen Öl aufnähmen.
Auf der »Selendang Ayu« war Anfang vergangener Woche die Stromversorgung zusammengebrochen. Das unter malaysischer Flagge fahrende Schiff befand sich auf dem Weg von Seattle nach China. In der Nacht zum Donnerstag lief der manövrierunfähige Frachter dann auf Grund und zerbrach in zwei Hälften. Beim Absturz eines Rettungshubschraubers kamen sechs Seeleute ums Leben.

Artikel vom 15.12.2004