15.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Wollen nicht zurückfallen«

Im Gespräch: Hermann Bröring, Landrat im Emsland-Kreis

Wie baut man zügig eine Autobahn? Angesichts der mittlerweile 40 Jahre andauernden Planungsgeschichte der A 33 in OWL ist der emsländische Landrat Hermann Bröring (59) und sein Autobahn-Wunder von der Ems ein interessanter Gesprächspartner. Über die Beweg- und Hintergründe dieser ersten regional mitfinanzierten Autobahn in Deutschland sprach Stefan Küppers mit dem CDU-Politiker.Landrat im Emsland, Hermann Bröring (CDU).
Wie haben Sie es nur geschafft, eine Region für ein Autobahnprojekt zu begeistern, dass die Emsländer sogar eigenes Geld in den Lückenschluss investieren?Hermann Bröring: Das hängt mit dem Menschenschlag hier zusammen. Früher galt das Emsland als »Armenhaus der Republik«. Darum sind sich die Emsländer immer der Kostbarkeit ihres Arbeitsplatzes bewusst. Als es für das Projekt schwierige Phasen gab und ich auch bei Bund und Land eher belächelt wurde, haben mir die Menschen hier oft auf die Schulter geklopft und gesagt: »Wir schaffen das.« Ohne diese breite Unterstützung in der Bevölkerung wäre es nicht gelungen. Und jetzt hat die ganze Region viel Selbstbewusstsein gewonnen.

Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee der regionalen Mitfinanzierung der Autobahn?Bröring: Als 1998 aus dem Bundesverkehrsministerium Vorschläge für eine sehr langfristige Finanzierung des Weiterbaus kamen, war mir klar, dass dies so kaum gelingen würde. Vom ehemaligen niederländischen Wirtschaftsminister Harry Langman bin ich zum Weg der regionalen Mitfinanzierung ermuntert worden. Ich orientiere mich dabei schon lange an unseren holländischen Nachbarn, die damit schon Erfahrungen haben und viel flexibler sind als wir in Deutschland.

Wie haben Sie die regionale Wirtschaft überzeugen können, die immerhin allein 8,8 Millionen Euro aufbringen musste?Bröring: Wir haben im Emsland wirtschaftlich eine Aufholjagd gestartet. Und es war klar, dass wenn der Lückenschluss nicht schnell erfolgt, wir wieder zurückfallen werden. Das wollen wir alle nicht. Als 1999 rund 700 Unternehmer der Region wegen der A 31 in Papenburg zusammen kamen, war denen klar: Hier darf nicht nur der Mund gespitzt werden, sondern es muss auch gepfiffen, sprich: gezahlt werden. Die Gutachten, die die wirtschaftlichen Vorteile nachweisen, lagen sogar erst vor, als die Sache schon beschlossen war. Der um 15 Jahre vorgezogene Lückenschluss sichert unserer Region mit etwa einer Million Einwohner allein eine Kaufkraft von 250 Millionen Euro.

Der Anteil von fast 18 Millionen Euro allein ihres Landkreises klingt angesichts der allgemeinen Lage öffentlicher Haushalte hoch. Schwimmen Sie im Geld?Bröring: Nein. Aber lange bevor Hartz IV diskutiert wurde, haben wir in den 90er Jahren die Sozialhilfekosten im Kreis halbiert, indem wir gezielt viele Sozialhilfeempfänger in Arbeit gebracht haben. Mit Haushaltsüberschüssen konnten wir Geld in Rücklagen für große Infrastrukturprojekte packen.

War denn im Emsland die Planfeststellung für die Autobahn gar kein Problem?Bröring: Als wir unser Modell vorantrieben, war die Planfeststellung noch nicht erledigt. Die Behörden hatten vorher nicht weitergeplant, weil sie meinten, dass eh kein Geld für den Weiterbau da sei. Eine drohende Planfeststellungsklage haben wir Klägern für 125 000 Euro abgekauft. Dann wurden binnen zwei Jahren zwei Abschnitte planfestgestellt.

Artikel vom 15.12.2004