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Der Seidenschwanz


Ein Wintergast mit interessanter Farbzeichnung hält sich derzeit in Bielefeld und gehäuft im Bereich der Grünanlage am Heeper Schulzentrum auf: der Seidenschwanz. Bis zu 200 Vögel - so die Schätzung der Ornithologen - stärken sich dort an den Früchten des Weißdorns, des Schneeballs, der Eberesche und des Ligusters. Während des Sommerhalbjahres leben Seidenschwänze im Nadelwaldgürtel Skandinaviens, Russlands und Sibiriens sowie Alaskas und Kanadas. Wenn im Spätherbst und Winter die Nahrung, vorzugsweise Insekten, knapp wird, zieht der Vogel in großen Schwärmen gen Süden.
Die starengroßen Tiere sind jetzt leicht zu entdecken, weil sie in dichten Gruppen in den laubfreien Bäumen sitzen. Wer ein Ohr für die unterschiedlichen Rufe von Vögeln hat, erkennt sie auch an dem leisen »Sirrh«, ihrem Kontaktruf. Und wer, vielleicht mit einem Fernglas, genauer hinschaut, staunt über das Äußere. Da ist zunächst einmal der hellbraune Schopf, der aus der schwarzen Augenbinde »herauswächst«. Das seidenweiche Gefieder ist überwiegend in Brauntönen gehalten, der Bauch heller. Farbakzente setzen die rotbraune Schwanzunterseite, die rauchblauen Flächen auf der Schwanzoberseite und die gelben Schwanzfederspitzen, die sich leuchtend gegen das Schwarz abheben sowie die gelben und weißen Flügelabzeichen.
Der Seidenschwanz ist kein regelmäßiger Wintergast. Das ist vielleicht ein Grund dafür, dass er volkstümlich als Kriegsvogel oder Pestvogel galt und sein Auftauchen ein schlechtes Omen war. Auch die Interpretation, die Ankunft des Seidenschwanzes deute auch einen harten Winter hin, ist Legende.
Im Norden Deutschlands ist er beinahe jedes Jahr zu sehen, aber nur unregelmäßig, in unterschiedlich großer Zahl - und nur solange der Beeren- und Fruchtvorrat reicht, ist der Vogel in unserer Region zu sehen. Der Seidenschwanz-Schwarm in Heepen ist also etwas Besonderes. Gegenüber den Menschen, den sie als Feind nicht kennen gelernt haben, sind die Vögel erstaunlich vertraut. Das nervöse Verhalten der Heeper Schwärme ist wahrscheinlich auf das regelmäßige Auftauchen des ansässigen Sperbers zurück zu führen, für den Seidenschwänze eine willkommene Beute sind.

WESTFALEN-BLATT und Naturschutzbund (NABU) Bielefeld stellen in dieser Serie Vögel vor, die in Ostwestfalen ständig oder vorübergehend leben. Biologe Dr. Wolfgang Beisenherz und Redakteurin Elke Wemhöner porträtieren in der nächsten Folge am Donnerstag Die Nilgans

Artikel vom 14.12.2004