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Adam Lenart ein meisterhafter Organist

Jubiläumskonzert ein grandioser Erfolg - bis an die Grenze des Machbaren gegangen

Von Gustav Adolf Lent
Brackwede (WB). Was soll man mehr bewundern, den ausgezeichneten polnischen Organisten (Konzertexamen in Dänemark) Adam Lenart an der Orgel oder die reizvolle Programmauswahl mit spätromantischen Werken vielfältiger Art, die als »Dialoge im Raum« den Besucher als Beteiligten und als Hörer mit in das musikalische Geschehen hineinholen wollte.

Unter der präsenten Leitung von Walter Haverkamp entstand trotz der räumlichen Trennung von Orgel und Orchester/Chor ein eindrucksvolles Hörerlebnis, das einen nachhaltigen Eindruck von der Leistungsfähigkeit der Bartholomäus Kantorei vermittelte.
Umrahmt wurde das Programm von zwei Orgelsolowerken von Johannes Brahms: Eine Bearbeitung der Akademisichen Festouverture für Orgel und dem Choralvorspiel »Es ist ein Ros entsprungen«. Beim ersten Stück zeigte sich jedoch schon die Problematik, Werke der Romantik auf eine bewusst historisierende Orgel ohne Spielhilfen zu übertragen.
Um ein Orchester zu imitieren, musste der Organist bis an die Grenzen des Machbaren gehen, was ihm auch mit Hilfe von drei Registranten gelang. Hier zeigte sich wie auch in den anderen Werken die überragende Meisterschaft Adam Lenards, der erst den grandiosen Erfolg des Abends ermöglichte.
Im Gloria aus der »Missa die Gloria« von Puccini hatte der Chor Gelegenheit, seine Präsens auch in nicht traditionellen Werken zu beweisen. Von wenigen kleinen Schwächen - durch die räumliche Trennung zur Orgel bedingt - abgesehen, gelang eine überzeugende Interpretation. Auch hier blieben bei der Orgelbearbeitung des originalen Orchesterklanges durch W. Haverkamp Fragen der Machbarkeit offen.
Im »Gratias agimus« kam die wunderbar klare und ausdrucksfähige Stimme von Dirk Mestmacher (Tenor) zur Geltung wie auch mit den anderen Solisten Andreas Abel (Tenor), Andreas Walter, (Bass), und Walter Haverkamp (Bass) im ersten Teil aus »Die Geburt Christi« von Heinrich von Herzogenberg. In der »Verheißung« wird nach einem pompösen Vorspiel der Orgel die singende Gemeinde in Anlehnung an das Bachsche Weihnachtsoratorium mit ins Geschehen eingebunden, was in der vollbesetzten Kirche eine entsprechende Wirkung erzielte. Hier war auch das durch Musiker aus Detmold verstärkte Orchester involviert.
Walter Haverkamp bewies wiederum seine Fähigkeit, selbst scheinbar unlösbare Aufgaben mit den richtigen Kräften souverän zu meistern. Im Zusammenwirken den Solisten, dem Chor und dem Orchester (Harmonium Peter Gunde) gelang mit diesem volkstümlichen Werk, das Advents- und Weihnachtslieder musikalisch variiert, eine gültige Darstellung.
Das Hauptwerk des Abends war dem Geburtstagskind - 10 Jahre Rowan-West-Orgel - gewidmet. Im Orgelkonzert F-Dur von Joseph Rheinberger, dem ersten sinfonischen Orgelkonzert mit Streichorchester und drei Hörnern (hervorragend mit dem Philharmoniker Hartmut Welpmann am ersten Horn), die für den romantischen Klang sorgen, bewiesen alle Mitwirkenden ihr Gespür für klangsauberes Zusammenspiel, das allerdings unter Mitwirkung eines Co-Dirigenten (Peter Gunde) als gelungen, aber wohl nicht immer als praktikabel bezeichnet werden muss.
Gleichwohl zeigt sich in diesem gewaltigen, halbstündigen Orgelwerk die Meisterschaft Rheinbergers, alle technischen und stilistischen Möglichkeiten des Instrumentes auszuschöpfen, was in der Realisation aber einen überragenden Könner wie Adam Lenard erfordert, dem als besondere Auszeichnung ein selten gewährtes Stipendium des akademischen Austauschdienstes zuteil wurde. In der abschließenden Kadenz zog Lenard noch einmal alle virtuosen Register, so dass selbst eine Barockorgel plötzlich romantisch sprechen konnte. Bravo!!
Wenn auch dem Zuhörer ob der Länge des Programms ein gerüttelt Maß an Sitzvermögen abverlangt wurde, so überwog doch der Respekt vor einer außerordentlichen Leistung und Programmgestaltung, die man im Bielefelder Raum selten findet. Das zeigte sich auch in den Blumen und dem starken Beifall, mit dem alle Mitwirkenden zum Schluss überschüttet wurden.

Artikel vom 14.12.2004