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EU-Richter: Dosenpfand ändern

Deutsche Regelung behindert freien Warenverkehr in Europa

Brüssel/Berlin (dpa). Das umstrittene deutsche Dosenpfand verstößt gegen europäisches Recht und muss geändert werden: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied gestern in Luxemburg, dass die Regelung den freien Warenverkehr in Europa behindert.
Der Bundesrat will ohnehin schon am Freitag Veränderungen beschließen, die deutsches und europäisches Recht miteinander versöhnen sollen. Der deutsche Einzelhandel hält auch diese Korrekturen für nicht ausreichend und forderte eine Aussetzung der Abstimmung. Die höchste richterliche Instanz in der EU gab einer Klage der EU-Kommission statt. Der zuständige EU-Kommissar Günter Verheugen bot der Bundesregierung an, bei der Neugestaltung zusammenzuarbeiten.
Der EuGH war mit zwei Rechtssachen befasst. Zum einen der Klage der Kommission vom Dezember 2001 und einer Vorlage des Verwaltungsgerichtes Stuttgart vom Mai 2002, das eine Klage zweier österreichischer Getränkehersteller verhandelt hatte.
Die Kommission hatte argumentiert, dass ausländische Abfüller von natürlichem Mineralwasser benachteiligt werden. Da sie laut EU-Recht zwingend an der Quelle abfüllen müssen, werden die Behälter über lange Strecken nach Deutschland transportiert. Da Mehrwegverpackungen wie Glasflaschen die Transportkosten dieser Anbieter deutlich erhöhen, lieferten sie das Wasser zumeist in Einwegverpackungen an. Das Gericht stellte fest, dass die Übergangsfristen vermutlich zu kurz waren und die Rücknahmesysteme nicht flächendeckend arbeiteten.
Die Neuregelung, wie sie die Bundesregierung und eine bisherige Bundesratsmehrheit planen, wird ein einheitliches Zwangspfand von 25 Cent auf schädliche Einwegverpackungen konzentrieren. Abgeschafft wird die Pfand-Abhängigkeit einzelner Getränkesorten von der Entwicklung der Mehrwegquoten. Auch die sogenannten Insellösungen sollen verschwinden, wonach derzeit vor allem Discounter wie Aldi und Lidl nur ihre eigenen Dosen und sonstigen Verpackungen zurücknehmen.
Verheugen begrüßte das Urteil als richtungweisend. »Es wird Richtschnur für unsere Bemühungen sein, gemeinsam mit der Bundesregierung die deutsche Verpackungsordnung an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts anzupassen«, sagte er. Es gehe vor allem darum, dass alle Hersteller und Verkäufer an einem funktionierenden Rücknahmesystem teilnehmen könnten.
Verheugens Sprecher ergänzte, dass die Kommission die Abstimmung abwarten und dann die Änderungen im Lichte des EuGH-Urteils bewerten werde. »Das ist noch nicht das Ende für das deutsche Dosenpfand-System«, kommentierte er den Spruch der Richter.
Der EuGH erkannte ausdrücklich an, dass Deutschland die Regelung Anfang 2003 aus Umweltschutzgründen in Kraft gesetzt hatte. Allerdings müssten die Übergangsfristen von einem flächendeckenden Sammelsystem - wie dem Dualen System - zu einem Pfand- und Rücknahmesystem dem Anbieter die Chance bieten, sich anzupassen. Ob die Übergangsfrist von sechs Monaten ausreichend gewesen sei, müsse nun das Verwaltungsgericht Stuttgart entscheiden. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 15.12.2004