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Wenn Stress an
den Zähnen nagt

Parodontitis ist weitaus verbreiteter als Karies

Etwa 15 Prozent der Erwachsenen in Deutschland hat Parodontitis in einem Ausmaß, dass die Erhaltung einzelner Zähne gefährdet scheint. Bei etwa 40 Prozent sind immerhin leichte parodontale Schädigungen nachzuweisen. Damit ist die Krankheit bei Erwachsenen weitaus verbreiteter als Karies.
Mangelhafte Mundpflege gilt als Hauptursache für Parodontitis. Es sind aber auch bestimmte Risikofaktoren bekannt, die die Entstehung dieser Krankheit begünstigen. Hierzu gehören Diabetes, Osteoporose, Rauchen und Stress. Dass Zähne auf Dauer auch durch perma-nenten Stress in Mitleidenschaft gezogen werden können, wird derzeit jedoch noch viel zu wenig beachtet.
»Vor Ärger mit den Zähnen knirschen«: Es ist Tatsache, dass viele Menschen unbewusst dazu neigen, bei starker Anspannung, hoher Konzentration oder in belastenden Situationen die Kaumuskulatur anzuspannen. Im Durchschnitt werden tagsüber alle zehn Minuten einmal die Zahnreihen aufeinander gepresst. Das Kauorgan ist auf diese Durchschnittsbelastung normalerweise eingerichtet. Ist das Aufeinanderpressen jedoch ein häufiger und vor allem andauernder Vorgang, dann liegt eine Funktionsstörung vor. Mindestens acht Prozent der Bevölkerung leiden wenigstens einmal die Woche unter Bruxismus - wie Zähneknirschen von Medizinern genannt wird. Durch die mechanische Belastung kann es zu Absplitterungen von kleinen Zahnteilen bis hin zu Schäden an Plomben, Inlays und Kronen kommen.
Stress kann aber nicht nur durchs Knirschen für Zähne und Zahnfleisch gefährlich werden. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe unter Leitung von Dr. rer. nat. Renate Deinzer vom Institut für Medizinische Psychologie und Poliklinik für Parodontologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, bestehend aus Psychologen, Zahnärzten, Immunbiologen und Humanmedizinern, beschäftigt sich seit längerem mit der Frage, ob psychische Belastungen tatsächlich das Parodontitisrisiko steigern. Die bisherigen Studien belegen, dass Stress oft verbunden ist mit mangelnder Mundhygiene sowie verstärkten Entzündungsreaktionen. »Beide Faktoren gemeinsam könnten mit verantwortlich sein für die häufig beobachteten Assoziationen zwischen Stress und Parodontitis«, so Deinzer.
In Stress-Situationen ist die Immunabwehr des Körpers geschwächt, wodurch sich Bakterien, die in der Mundflora immer vorhanden sind, leichter und ungebremster vermehren können. Außerdem putzen sich erfahrungsgemäß viele gestresste Menschen seltener und weniger gründlich die Zähne. Durch das Vernachlässigen der Mundhygiene kommt es zu einer vermehrten Plaquebildung und dadurch zu einem erhöhten Risiko für Karies und Zahnfleisch-entzündungen, Experten zufolge vor allem für die Zahnfleischerkrankung Parondontitis. In Stresssituationen wie Prüfungszeiten kann es deshalb zu regelrechten Parondontitisschüben auch bei jungen Menschen kommen.
Patienten, so Deinzer, sollten über diese Zusammenhänge aufgeklärt werden, zumal die stressbedingte Vernachlässigung der Mundhygiene offensichtlich nicht bewusst abläuft. Eine Verschlechterung der Mundhygienesituation kann aufgefangen werden durch häufigere Kontrolluntersuchungen und professionelle Zahnreinigung. Ziel dabei ist es, die Mundflora auf einem möglichst ausgeglichenen Niveau zu halten, bis die Stresssituation vorüber ist.
www.rundum-zahngesund.de

Artikel vom 28.01.2005