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Viel-Ehe in
Deutschland
rechtsgültig

Gesetz im Heimatland maßgeblich

Von Rolf Dressler
Bielefeld (WB). Viel-Ehen sind grundsätzlich auch in Deutschland zulässig. Einzige Bedingung: Sie müssen dem Recht entsprechen, das im Heimatland der mehrfach Verheirateten gilt. Diese einschneidende Feststellung hat die rot-grüne Bundesregierung getroffen.

Verschiedene Urteile deutscher Gerichte stützen diese Sicht. Die Auswirkungen sind außerordentlich weitreichend und wirken zurück auf die staatlichen Versorgungssysteme und damit auf die Steuer- und Beitragszahler.
Besonders betrifft dies speziell auch die deutschen Krankenversicherer: Sie nämlich müssen sämtliche Ehefrauen vor allem moslemischer Männer im Rahmen der sogenannten Familienversicherung beitragsfrei, also kostenlos mitversichern, sofern die Ehemänner nach Recht und Gesetz ihrer Herkunftsländer ordnungsgemäß verheiratet und somit gegenüber jeder ihrer Ehefrauen unterhaltspflichtig sind.
Von diesen Ehefrauen kann nach Auffassung der rot-grünen Bundesregierung kein eigener Beitrag verlangt werden. Denn die Höhe des Versicherungsbeitrages richte sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitgliedes, nicht aber danach, wie oft medizinische Leistungen der Krankenkasse möglicherweise in Anspruch genommen würden.
Diese Anwort erhielt Klaus Lohse, ein interessierter Staatsbürger aus dem rheinland-pfälzischen Zweibrücken, von Ulla Schmidt, der SPD-Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung. In seiner Anfrage hatte Lohse geschrieben:
- Er habe kein Verständnis dafür, dass der deutsche Rechtsstaat Viel-Ehen unter Berufung auf Artikel 6 des Grundgesetzes und die Europäische Menschenrechtskonvention offenbar zulasse. Und dies sogar, obwohl Viel-Ehen in der Türkei ebenso wie etwa in Tunesien und Ägypten von Staats wegen verboten seien.
- Konsequenterweise müssten dann der Artikel 3 der deutschen Verfassung zur Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz geändert und das Bigamie-Verbot aufgehoben werden.
Klare Vorgaben von der Politik erwarten unterdessen die deutschen Krankenversicherer. Sie richten sich darauf ein, dass Viel-Ehen, die im Ausland rechtsgültig geschlossen wurden, auch im gesamten deutschen Sozialversicherungsrecht generell der Ein-Ehe gleichgestellt werden. Sie berufen sich dabei - wie etwa die Barmer Ersatzkasse, die AOK Westfalen-Lippe und die Innungskrankenkassen - auf Artikel 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Darin steht allerdings ausdrücklich auch, dass eine ausländische Rechtsnorm nicht anzuwenden ist, wenn sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechtes offensichtlich unvereinbar ist. Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 11.12.2004