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»Mann in Schwarz« nimmt
Publikum mit auf die Reise

Musikalisches Porträt von Johnny Cash war ein Triumph

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Es war ein Triumph. Und Johnny Cash wäre wohl der erste gewesen, der denen, die ein musikalisches Bühnen-Porträt seines Lebens nachgezeichnet haben, Tribut gezollt hätte. Im Bielefelder Theater am Alten Markt (TAM) erlebte »Johnny Cash - The Beast in Me« von James Lyons eine umjubelte Uraufführung.

Für den einen oder anderen im Publikum waren Stetson und Cowboystiefel unverzichtbar beim Premierenbesuch. Sie wollten ihren Johnny Cash noch einmal erleben. Und sie wurden nicht enttäuscht. James Lyons ließ Cash-Darsteller Johannes Wacker in die Haut des Country-Sängers schlüpfen, ihn seine eigene Geschichte erzählen von der Kindheit auf den Baumwollfelder über die ersten Schallplattenaufnahmen, seine Drogenabhängigkeit und seine große Liebe zu June Carter, verkörpert von Iris Atzwanger.
Wacker und Atzwanger begeisterten mit Titeln wie »Ring of Fire«, vor allem aber mit »Jackson« - der Song wurde als Zugabe erzwungen. Wacker war vor allem in den stillen Momenten großartig. Als er als Cash mit »Far Side Banks of Jordan« den Tod seiner geliebten June betrauerte, da war es still im Theatersaal - und selbst der härteste Cowboy musste sich ein Tränchen wegzwinkern. . .
James Lyons, der vor zwei Jahren mit »Für mich soll's rote Rosen regnen« einen Supererfolg landete, hat sich die Freiheit genommen, Begegnungen zwischen Johnny Cash und dem »Vater der Country-Musik«, Jimmie Rodgers, hinein zu schreiben. Rodgers, der 1933 starb (da war Cash ein Jahr alt) wird eindrucksvoll gespielt von Roland Heinrich. Till Löffler, der auch die musikalische Leitung hat, und Barbara Buchholz machen Musik auf der Bühne, die Bielefelderin Buchholz unter anderem auf dem Theremin. Bühnenbildnerin Birgit Voss lässt den »Mann in Schwarz« auf einem verwaisten Bahnhof mit überwucherten Gleisen, einem schwarzen Tunneleingang, verrostetem Güterwagen spielen: Von dort aus nimmt der Nashville-Star, der in den 1990er Jahren zu Hip-Ikone wurde, das Publikum mit auf seine Lebensreise. Und hinter dem Horizont, noch unsichtbar, da liegt es, das gelobte Land. . . James Lyons hat sich eng an Cash' Biografie gehalten, zeigt ihn so wie ihn Kris Kristofferson charakterisiert hat: »Er ist ein wandelnder Widerspruch, halb Wahrheit und halb Dichtung.«

Artikel vom 10.12.2004