08.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gesprächskreis »ein notwendiger Rückhalt«

Pflegende Angehörige treffen sich seit zehn Jahren, »um Isolation zu durchbrechen«

Von Annemargret Ohlig
(Text und Foto)
Brackwede (oh). »Der Gesprächskreis hat mir unendlich viel und in all den Jahren den notwendigen Rückhalt gegeben«, sagt Hannelore Berger. Und weil das so ist, war die 74-Jährige selbstverständlich auch beim »Jubiläumstreff« dabei.

Zu dem hatte Altenberaterin Anne Kochanek vom Diakonischen Werk Brackwede aus Anlass des zehnjährigen Bestehens dieses Gesprächskreises für pflegende Angehörige ins neue Domizil am Kirchweg 10 eingeladen.
Zwar gehört Hannelore Berger inzwischen nicht mehr zu den »pflegenden Angehörigen«. Ihr Mann, den sie nach einer schweren Erkrankung seit 1995 betreute und ihm in allen Dingen des Alltags hilfreich zur Seite stand, ist Anfang dieses Jahres gestorben. Dennoch geht sie auch weiterhin einmal pro Monat zur »Frühstücks-Gruppe«, die im Laufe der Jahre von Mitgliedern des Gesprächskreises zusätzlich gegründet wurde.
»Auch als Trauernde wird man so in einer gewohnten Umgebung aufgefangen«, begründet die 74-Jährige ihr »Anhänglichkeit« an den Kreis. Zumal sich über all die Jahre hinweg durch die regelmäßigen Zusammenkünfte, bei denen manchmal geweint, oft aber auch gelacht wurde und die fachliche Leitung und Beratung von Anne Kochanek so wichtig gewesen sei, auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt habe.
Das war auch bei der »Jubiläumszusammenkunft« zu spüren, zu der mehr als 20 Angehörige gekommen waren. Neben Anne Kochanek war, als »Frau der ersten Stunde, auch Schwester Erika Lange-Banek, die ehemalige Leiterin der Diakoniestation dabei. »Zu ihr bin ich mit meiner Idee eines Gesprächskreises für pflegende Angehörige gegangen«, erinnert sich Altenberaterin Kochanek an die Anfänge im Jahr 1994.
Denn 70 Prozent aller Pflegebedürftigen werden Zuhause gepflegt. Was bedeutet, dass die Angehörigen ihr Leben meist völlig umstellen und ihren bisherigen Tagesablauf mit der Pflege vereinbaren müssen. Auch von bereits geschmiedeten Zukunftsplänen heißt es Abschied nehmen. »Viele fühlen sich in einem solchen Fall allein gelassen, isoliert und geraten dabei in einen Zustand der körperlichen und seelischen Erschöpfung«, weiß Anne Kochanek. »Nicht selten erkranken die pflegenden Angehörigen auch selbst.«
Dem gelte es vorzubeugen: Pflegende müssten sich deshalb selbst Freiräume schaffen, um die Isolation der Pflegesituation zu durchbrechen. Die Gesprächsgruppe biete eine Möglichkeit, über tägliche Sorgen und Nöte zu reden. Anne Kochanek: »Es werden Fragen und Schwierigkeiten besprochen, die Angehörige sich sonst kaum trauen auszusprechen. Und gemeinsam wird Schritt für Schritt nach Lösungen gesucht, die häusliche Pflege besser zu bewältigen.«
Für das nächste Jahr plant das Diakonische Werk Brackwede übrigens etwas ganz Neues: Ein Freizeitangebot für Pflegende, gemeinsam mit ihren dementiell erkrankten Angehörigen.

Artikel vom 08.12.2004