09.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Junge Zuwanderer
tragen Verantwortung

Sechs Stipendiaten sollen Ausländerintegration fördern

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Sechs Bielefelder Jugendliche ausländischer Herkunft erhalten das START-Stipendium 2005. Die hochbegabten, sozial aktiven Schüler werden finanziell und ideell gefördert.

»Ein Zuviel an Bildung kann es nicht geben«, sagte Oberbürgermeister Eberhard David zum Empfang der Stipendiaten und ihrer Förderer, der Mitglieder der Bürgerstiftung, der Hertie-Stiftung und der Stadtvertreter im Rathaus. Die fünf jungen Menschen hätten sich als leistungsorientiert und kompetent erwiesen; sie dürften als »beispielhaft für gelungene Integration« gelten.
Seit der Gründung vor drei Jahren in Hessen verfolgt START das Ziel, die Bildungschancen jugendlicher Zuwanderer zu verbessern; Bielefeld ist (nach Wuppertal und Gütersloh) die dritte Kommune in NRW mit eigenem START-Programm. Dies wird getragen von der Bürgerstiftung, der Frankfurter Hertie-Stiftung, der Stadt Bielefeld sowie sechs Finanziers: die Firmen Böllhoff und Diamant Software, der Unternehmerverband der Metallindustrie, das Bankhaus Lampe, die Deutsche Bank und die Volksbank Bielefeld.
Die Stipendiaten erhalten monatlich 100 Euro Bildungsgeld, können 1800 Euro für eine PC-Grundausstattung mit Internetanschluss beantragen; bei guten Leistungen können ihnen jährlich weitere 500 Euro bewilligt werden. Sie werden in Ausbildungsfragen beraten, knüpfen Kontakte zur Wirtschaft und besuchen Kulturveranstaltungen.
»Ihr werdet Teil einer Gruppe junger Menschen, die die gleichen Ziele und Fähigkeiten, aber auch die gleichen Probleme und Sorgen haben wie ihr«, sagte Anja Böllhoff, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. Die Förderung laufe nur, wie vorgesehen, bei anhaltender guter Leistung bis zum Ende der Schulzeit. »Unser Ziel ist, dass ihr Vorbild für andere Zuwandererkinder seid.«
»In Bielefeld werden die Dinge angepackt, von denen man überzeugt ist«, sagte Roland Kaehlbrandt, Geschäftsführer der Hertie-Stiftung, zum Lob der Bürgerstiftung. An den signifikant schlechten schulischen Leistungen junger Ausländer sei abzulesen, dass »wir« die Integration verschlafen hätten. Die Bürgerstiftung, die beteiligten Eltern und Lehrer jedoch machten Mut.
Vor den Folgen sinkender Einwohnerzahlen warnte der Wirtschaftsexperte Guido Sandler (Oetker). Wer eine »vernünftig gesteuerte« Zuwanderung ablehne, handle unverantwortlich. Wie seine Vorredner betonte Sandler, für die Zuwanderer sei es immens wichtig, Deutsch zu lernen. Zudem »müssen sich vor allem die Jüngeren anstrengen, durch Fleiß und Zielstrebigkeit eine gute Ausbildung zu erreichen«, denn sie »sollen sich in unsere Gesellschaft eingliedern.« An die Deutschen appellierte Sander, sich dafür einzusetzen, dass aus Geschichte und Tradition gewonnene Werte erhalten blieben.
Adna Hasanagic (Bosnien) und Sarab Nemat (Irak) erläuterten, was das START-Stipendium für sie bedeute. Musikalische Akzente setzten unter starkem Applaus fünf 13-Jährige: die Percussion-gruppe der Jugendmusikschule.

Artikel vom 09.12.2004