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Das Nichts sichtbar machen

Studiengalerie zeigt Fotoarbeiten von Martin Brockhoff

Von Uta Jostwerner (Text) und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Martin Brockhoff glaubt an die Fotografie. Glaubt, dass sie alles sichtbar machen kann: die Zeit, ein Sujet, das Nichts. Den Beweis tritt der 43-jährige Fotograf mit einer Ausstellung in der Studiengalerie an. »Surface«, so ihr Titel, wird heute um 20 Uhr in der Kunsthalle eröffnet.

Dabei handelt es sich nicht nur um eine Auftragsarbeit, die Brockhoff eigens für die Studiengalerie konzipierte, sondern zugleich um »mein persönliches Statement zur Fotografie«, sagt der Fotokünstler. Er hat sich im Alltag einen Namen als Sozial- und Auftragsfotograf gemacht und wurde vor zwei Jahren mit dem Marta-Hoepffner-Preis für Fotografie ausgezeichnet. Die dreiteilige Arbeit überzeugt und verblüfft in ihrer Qualität und Konzeption.
Ein alter Kodakfilm aus Wehrmachtsbeständen, die der Zufall Brockhoff in die Hände spielte, wird zum Bildträger für das Sichtbarmachen von Zeit. Brockhoff ließ den unbelichtet gebliebenen Film entwickeln. Über die Jahrzehnte hatten geringfügiger Lichteinfall, Staub und Mikroben ihre Spuren auf dem Material hinterlassen und blühende Landschaften darauf abgemalt. Sichtbar gemacht in ausbelichteten Digitalprints von eigener, morbider Schönheit.
Ihnen stellt Brockhoff großformatiges »Begrenzungsgrün« gegenüber. Sorgfältig gestutzte Lebensbaumhecken sind Brockhoffs banaler Bildgegenstand der fünfteiligen Serie »Hecken«. »Die Oberfläche des Sujets erzählt alles«, ist Martin Brockhoff überzeugt. »In Augenhöhe, mit der wohl kühlsten aller möglichen Kamerapositionen, der dokumentarisch planparallelen Perspektive, fotografiert er das widerstandsfähige Grün (. . .) und negiert so die gestalterischen Möglichkeiten der Fotografie, indem er die Hecke pur zeigt«, schreibt Christiane Heuwinkel im zur Ausstellung erschienenen Folder.
In der dritten Werkgruppe gelingt es Brockhoff, »das Nichts« zu fotografieren. »Ich suchte nach einer Fläche ohne Zeichen und dachte an den Himmel«, erklärt der Künstler. Geschaffen hat er schließlich abstrahierte Himmelsbilder, wobei er vom so genannten mittleren Grau ausging, das jeder Fotografie zugrunde liegt. In unterschiedlichen Belichtungszeiten entstanden monochrome Flächen in Grau, Schwarz und Weiß. Sie zeigen zugleich die technischen Grenzen der Fotografie auf. Bei genauer Betrachtung werden Abdunklungen zu den Rändern hin sichtbar -Ê Zeichen fehlender Perfektion der Objekte.
Die Schau »Surface« ist noch bis zum 27. Februar in der Studiengalerie zu sehen. Am 12. Januar, 20 Uhr, findet ein Künstlergespräch mit Martin Brockhoff statt.

Artikel vom 08.12.2004