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Lea noch einmal operiert

Siamesisches Zwillingsmädchen kehrt heute nach Lemgo zurück

Von Christian Althoff
Lemgo (WB). Nach mehr als sechs Monaten in den USA wird das Siamesische Zwillingsmädchen Lea heute in seiner Heimatstadt Lemgo zurückerwartet. Lea und ihre Eltern Nelly und Peter B. sollten um 7.50 Uhr in Frankfurt landen.

Ende Mai waren die Eltern mit ihren damals acht Monate alten Töchtern Lea und Tabea nach Baltimore geflogen, um die an den Köpfen zusammengewachsenen Kinder im Johns-Hopkins-Hospital trennen zu lassen. Tabea hatte die OP nicht überlebt und war am 30. September in Lemgo beigesetzt worden. Lea hatte das Krankenhaus vor einigen Wochen verlassen dürfen und seitdem mit ihren Eltern in Baltimore gelebt.
»Wir hoffen, dass die Kleine den fast elf Stunden dauernden Flug gut übersteht«, sagte gestern eine Großmutter des Mädchens. Denn Lea hatte überraschend am Mittwoch noch einmal operiert werden müssen. Ärzte hatte ihr bereits vor längerer Zeit einen Katheter gelegt, mit dem zuviel produziertes Hirnwasser aus der Lendenwirbelsäule in den Bauch geleitet worden war. So sollte das Entstehen eines »Wasserkopfes« verhindert werden. In der vergangenen Woche war Leas Kopf dennoch merklich angeschwollen. Die Ärzte fanden heraus, dass sich das Ventil am Ende des strohhalmdünnen Schlauches nicht richtig öffnete. Deshalb musste das Kind noch einmal operiert werden, wobei ein anderes Katheterventil eingesetzt wurde.
In absehbarer Zeit steht nun kein geplanter Krankenhausaufenthalt mehr an. Lea soll sich zu Hause weiter von den Strapazen der Trennungs-Operation erholen. Sie bekommt regelmäßig ein Medikament, das epileptischen Anfälle vorbeugen soll, die nach der Trennungs-OP aufgetreten waren. Die seit dem Eingriff erheblich eingeschränkte Sehfähigkeit des Mädchens wird sich nach Ansicht des Kinderneurochirurgen Benjamin Carson wahrscheinlich nicht mehr verbessern. Er hofft allerdings, dass die leichte linksseitige Lähmung des Mädchens durch Physiotherapie gelindert werden kann.
Für die weitere medizinische Betreuung der jetzt 16 Monate alten Lea ist zunächst der Lemgoer Kinderarzt Dr. Martin Bruns zuständig. »Nur wenn es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen sollte, würden wir einspringen«, sagte gestern Jens Garlichs, Sprecher der Bodelschwinghschen Anstalten in Bielefeld-Bethel, wo die Siamesischen Zwillinge vor ihrer Reise in die USA mehrfach untersucht worden waren.
Lea und ihre Eltern werden heute von Verwandten auf dem Flughafen in Frankfurt erwartet. Dann geht's nach Lemgo - ins Haus von Leas Großeltern Jakob und Sarah B., die die Eltern in der nächsten Zeit bei der Pflege des Mädchens unterstützen wollen.
Die evangelisch-freikirchliche Menoniten-Brüdergemeinde in Lemgo richtet am Samstag um 17 Uhr einen Willkommens-Gottesdienst für die Familie aus. Pastor Nikolai Reimer: »Seit mehr als einem Jahr hat unsere Gemeinde für Lea und Tabea Geld gesammelt, gehofft und gebetet. Jetzt wollen wir Lea von Angesicht zu Angesicht sehen.«

Artikel vom 07.12.2004