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»Ich war in Bielefeld
die Sonne von Italien«

Giovanni Azzolina erhielt Auszeichnung in seiner Heimat

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Sie liegt wohlbehütet in einer mit Samt ausgeschlagenen Schatulle: die Ehrenplakette, die Salvatore Azzolina im Sommer in seiner sizilianischen Heimatstadt Leonforte erhalten hat.

Bürgermeister Giovanni d'Anna ehrte Azzolina dafür, »dass er das Ansehen unseres Landes mit Stolz und Würde durch seine Arbeit in Ehren gehalten hat.« Salvatore Azzolina, heute 68, gehörte 1960 zu den ersten Gastarbeitern, die aus Italien nach Deutschland gekommen waren. Fast sein ganzes Berufsleben verbrachte der Sizilianer in Bielefeld - zum Schluss als Mitarbeiter der Stadtreinigung. Auch im Ruhestand ist er hier geblieben. »Ich bin Deutschland unendlich dankbar«, sagt Azzolina heute. »Aber im Herzen bin ich Italiener geblieben.«
In seiner Heimatstadt Leonforte wurde im Sommer der »Zweite Tag der Emigranten»« begangen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verließen viele von Azzolinas Landsleute die Insel, um in Nordeuropa oder Amerika ihr Glück zu machen. Die Stadt lud ihre ehemaligen Bürger zu einem Wiedersehen ein. Azzolina zeigte in Leonforte in einer kleinen Ausstellung Bilder aus seinem Leben.
Mit 20 Landsleuten kam er 1960 nach Bielefeld, wo er zunächst bei der Bundesbahn, später als Maurer arbeitete. Er half mit beim Wiederaufbau der Neustädter Marienkirche. Dann wechselte Azzolina zum Stadtreinigungsamt. In Bielefeld lernte er per Zufall seine heutige Frau Carmelina kennen. »Sie kam auch aus Sizilien, aus einem Ort nur 50 Kilometer von meiner Heimatstadt entfernt«, berichtet er. Ihre Töchter Maria (38), Angelica (32) und Gabriela (32) wuchsen in Bielefeld auf. Die Jüngste lebt inzwischen wieder in Sizilien.
Azzolinas Lebensgeschichte, reich bebildert, erschien 2001 im Verlag für Regionalgeschichte als Buch und wurde auch im Fernsehen dargestellt. Er arbeitete mit in der Caritas, war 18 Jahre im Vorstand von Juventus Bielefeld. »Das waren 18 Jahre mit viel Ärger und Freude.«
»Vergesst die Emigranten nicht«, hat Giovanni Azzolina seinen Landsleuten im August beim Fest in Leonforte zugerufen. Und mit Blick auf das triste Dezember-wetter in Bielefeld sagt er mit sizilianischem Akzent: »Ich war die Sonne von Italien in Bielefeld.«

Artikel vom 02.12.2004