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Betrüger gestehen unter Tränen

Verfahren um Solarstrom-Firma: »Sache ist aus dem Ruder gelaufen«


Bielefeld (uko). Die drei mutmaßlichen Solarstrom-Betrüger haben gestern vor dem Landgericht Bielefeld weitgehende Geständnisse abgelegt. Der Bissendorfer Diplomingenieur Horst E. gab zu, ihm und seinen Mitarbeitern sei im Jahr 2003 »die Sache über den Kopf gewachsen«. Das Trio soll Anleger in Nordwestdeutschland mit dem Bau von Photovoltaik-Anlagen geködert und dann um eine halbe Million Euro geprellt haben.
Ende 2002 hatten Horst E. (56) sowie der Bielefelder Dirk O. (39) und dessen Lebensgefährtin Renate M. (37) das Unternehmen »Mika-Strom« gegründet. Für die Vorkasse von jeweils 6960 Euro schlossen insgesamt 77 Geschäftspartner Verträge über die Errichtung von Solaranlagen ab. Gebaut worden waren indes nur drei der Energieanlanlagen. Die übrigen Geschädigten blieben auf ihren wertlosen Verträgen sitzen.
Horst E. betonte gestern, man sei »mit einem Konzept gestartet, von dessen Erfolg wir überzeugt waren«. Voraussetzung allerdings sei gewesen, die Anlagen bei den Herstellern »günstig einzukaufen«. E. gab zu: »Die Sache ist Mitte des Jahres 2003 aus dem Ruder gelaufen.« Dazu beigetragen habe auch eine Veröffentlichung der Verbraucherberatung, die allgemein vor solchen Verträgen und solcher Technik sowie besonders vor dem Unternehmen »Mika-Strom« gewarnt habe. Die Firma befindet sich übrigens in der Insolvenz.
Die gelernte Apothekenhelferin M. und ihr Lebenspartner O. beklagten gestern sehr weinerlich und übertrieben theatralisch, von dem Auftreten des weltgewandten Horst E. geblendet worden zu sein. Sprüche wie »Auch ich verkaufte Häuser, ich war überglücklich« und »Meine Begeisterung nahm kein Ende« riefen jedoch eher den unverblümten Ärger von Richtern und Staatsanwalt hervor. Kammervorsitzender Dr. Werner Scheck fasste das Geständnis des Bielefelders sarkastisch zusammen: »Liebes Gericht, glaube mir, dass ich so doof bin, wie ich erzähle.« O. wollte den Juristen weismachen, ihm sei damals eine Provision in Höhe von 4000 Euro bei einem Verkaufsspreis von 6960 Euro für eine Solaranlage nachvollziehbar und palusibel erschienen.
Staatsanwalt Karl-Peter Jostmeier schließlich hatte für die Geständnisse des Trios nur noch beißenden Spott übrig: »Fünf Esel sind nicht schlauer als einer.« - Die Hauptverhandlung wird fortgesetzt.

Artikel vom 01.12.2004