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Ein »Ort der
Sehnsucht«

»Winterreise« im Theater-Foyer


Bielefeld (uj). Abschied, Auszug, innere Emigration. Das Gefühl von Heimatlosigkeit und Verlorensein in der Welt verkörpert der Liederzyklus »Die Winterreise« von Franz Schubert par excellence. Da schwingt aber auch noch eine andere Wehmut mit, wenn das Theater Bielefeld die 24 Lieder nach Gedichten von Wilhelm Müller in szenischer Einrichtung im Foyer des Stadttheaters aufführt.
Die Heimstätte des Publikums und der Theaterleute ist verlassen. Wo künstlerisch produziert wurde, klafft ein Loch wie eine Wunde. Entfremdung vom Vertrauten breitet sich aus. »Als uns klar wurde, dass wir heimatlos in unserem Theater werden, da wurde die letzte noch bespielbare Nische des Theaters plötzlich zum Sehnsuchtsort und damit zum idealen Spielort einer Winterreise«, sagen Gabriele Rech und Sabine Schweitzer. Nach »La Traviata« zeichnen beide erneut gemeinsam für Inszenierung und Ausstattung einer Produktion am Bielefelder Theater verantwortlich.
Der Ort ist gleichermaßen fremd und vertraut. Aus dieser Ambivalenz ergibt sich für die beiden Regisseurinnen das Konzept von selbst. Man habe der »Winterreise« keine Geschichte überstülpen wollen, sondern sich vielmehr dem Thema assoziativ genähert. Gleichwohl sei ein Zyklus von Gedanken entstanden.
Gedanken, die -Êauch das ist ungewöhnlich -Êvon einer Frau (Kaja Plessing) und einem Mann (Luca Martin) vorgetragen werden. Die Einteilung, wer welches Lied singt, geschah intuitiv. Interessant sei gewesen, dass Sänger und Regie unabhängig voneinander zu ganz ähnlichen Einteilungen kamen.
Während der Proben habe sich dann ergeben, dass die Stimme der Krähe, die in Funktion der Erinnerung ins Spiel kommt, ideal dem Klang des Saxophons entspreche. Insofern darf sich der Besucher also auf eine Fassung für Klavier (Christophe Hellmann) und Saxophon (Jan Schulte-Bunert) gefasst machen.
Die Besucher treffen sich vor Vorstellungsbeginn im Dürkopp-Gebäude an der Brunnenstraße. Dort befindet sich auch eine Abendkasse. Sie werden dann von Theaterleuten ins Stadttheater geleitet, wo die Vorführung unmittelbar noch im Eingangsbereich beginnt. Das Foyer werde zwar geheizt, so Sabine Schweitzer, man empfehle trotzdem, sich warm anzuziehen. Die Premiere findet am Freitag, 3. Dezember, um 20 Uhr statt. Weitere Vorstellungen am 8., 11., 12., 19., 26. und 29. Dezember sowie am 9. Januar. Karten telefonisch unter 51-54 54.

Artikel vom 02.12.2004