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Haarsträubende Wirklichkeit


Zu dem Wechsel der Bezirksvertreterin Vanessa Heller von der CDU zur SPD schreibt ein Leser:
Heute back' ich,
morgen brau ich,
übermorgen verkauf' ich mein Mandat.
Ach wie gut, dass keinem klar,
wen ich wähle nach der Wahl.
(frei nach Brüder Grimm)
... sprach das Rumpelstilzchen der CDU in der Bezirksvertretung Jöllenbeck. Leider ist das nicht die zeitgemäße Fassung des alten Märchens, sondern haarsträubende Wirklichkeit und ein weiterer Tiefschlag unter die Gürtellinie des Wählers.
So sehr die Bezirksvertreterin formales Recht für sich in Anspruch nimmt, schlägt sie damit allen Wählern, und nicht nur denen der CDU, ihre Missachtung um die Ohren. Jeder politische Kandidat, der über die Liste ein Mandat erlangt weiß, dass er mit diesem überwiegend der ihn tragenden Partei verpflichtet ist. Der Bürger seinerseits verbindet mit der Partei seiner Wahl ganz bestimmte Erwartungen hinsichtlich der Lösung von Sachthemen, Mehrheitsfindungen usw., die er nicht den Befindlichkeiten und Launen eines Einzelnen ausgeliefert wissen möchte.
Die CDU tat fehl daran, eine Kandidatin, die sich nach eigenem Bekunden bereits von ihrer Partei entfremdet hatte, auf einen aussichtsreichen Listenplatz zu wählen. Ebenso instinktlos handelt die SPD einem, wie die Überläuferin selbst sagt, der allgemeinen Sozialpolitik ihrer Partei überdrüssigen Bezirskvertretungsmitglied ein Betätigungsfeld in ihren Reihen zu bieten. In Jöllenbeck werden Themen behandelt, welche den Stadtbezirk beziehungsweise die Gesamtstadt treffen, denn da war es bisher gute Sitte, mit offenem Visier zu streiten, Mehrheiten zu finden und diese dann zu akzeptieren.
Ränkespiele der neuen Art sind der gesamten Politik abträglich und untergraben jedwedes Vertrauen bei allen Beteiligten. Ich kann nur an alle Akteure appellieren in sich zu kehren, persönliche Eitelkeiten und Strategien hintan zu stellen und sich ganz allein in die Situation des Wählers zu versetzen. Weil der das Ergebnis vom 26. September so gewollt hat, ist es eine Unverfrorenheit, es heute durch derartige Ränkespiele auf den Kopf zu stellen. Es ist dringend erforderlich, dass die Bezirskvertreterin noch in der Sitzung am Donnerstag, 2. Dezember ihr Mandat zurückgibt.
HERMANN SÖTEBIERBielefeld

Artikel vom 01.12.2004