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Kind wurde angeblich
ohne Narkose operiert

Anklage gegen Chirurgen - 100 Gutachten

Münster (dpa). Die Staatsanwaltschaft Münster hat Anklage gegen einen Kinderchirurgen erhoben. Die Behörde hatte mehr als viereinhalb Jahre gegen den Mediziner ermittelt.

Dem inzwischen emeritierten Professor der Universitätsklinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie in Münster werden 22 Fälle von fahrlässiger Körperverletzung und Körperverletzung vorgeworfen, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gestern mit. Der Professor soll Kinder unter anderem ohne Einwilligung der Eltern operiert haben, ein Kind sogar ohne Narkose. Dieses Kind soll wegen der dabei erlittenen Schmerzen »erheblich traumatisiert« sein.
Die 22 Fälle der Anklage betreffen insgesamt 17 Patienten, teilte die Behörde weiter mit. Weiteren Vorwürfen zufolge soll der Mediziner ohne ausreichende Indikationen operiert haben, obwohl andere, schonendere Behandlungsmethoden angezeigt gewesen wären. Zu diesem Schluss sind zumindest von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter gekommen.
Über diese Methoden habe der Angeschuldigte die Eltern nicht aufgeklärt. Die Eingriffe hätten spätere Folgeoperationen erforderlich gemacht, die den Kindern sonst erspart geblieben wären.
Dem Chirurgen waren zunächst 117 Fälle von Körperverletzung und fahrlässiger Körperverletzung zur Last gelegt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte insgesamt 100 medizinische Gutachten zu den einzelnen Vorwürfen eingeholt.
Die 7. Große Strafkammer des Landgerichts Münster werde nun zunächst über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage entscheiden, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Artikel vom 01.12.2004