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Hier dampft Eintopf,
hier duftet der Kuchen

»Bielefelder Tafel« hat jetzt eine feste Zentrale

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Endlich hat die »Bielefelder Tafel« eine feste Zentrale. Zum Adventsfrühstück am Sonntag konnte die Organisation, die seit acht Jahren Bedürftige beköstigt, seine Gäste in die Räume an der Meisenstraße 65 einladen.

»Hiermit erteile ich den ersten Schlag!«, ruft Schwester Carola von den Ursulinen und löffelt eine satte Kelle Erbsensuppe in den ersten Napf. »Wo ist denn hier das Dicke?«, fragt Bürgermeister Horst Grube, und aus der Schlange der Wartenden schallt's zurück: »Das Dicke ist immer unten!« Lange muss Grube allerdings nicht rühren, denn das Unternehmen »Meyer Menü« hat einen äußerst gehaltvollen Eintopf gespendet, der bald aus vielen Schalen dampft.
Eine erkleckliche Zahl bedürftiger Bürger - die »Tafel« erreicht etwa 3000 Menschen, darunter erschreckend viele Kinder - hatte am Sonntag den Weg in die Meisenstraße gefunden und stärkte sich mit Wurst-, Käse- und Lachsbrötchen. Der eine spendet, der andere leistet den Service: Unter dem Motto »Jeder tut, was er am besten kann« widmen sich bei der »Tafel« 55 Helfer um die Vorsitzende Rosetraut Kirse ihrer wohltätigen Aufgabe. Margret Leimkühler, Maria Hageböke und Frieda Schubert haben die Räume weihnachtlich-behaglich geschmückt und die Schnittchen bereitet; die Ehemänner helfen, wo sie können, 15 Fahrer sind täglich im Einsatz.
Die drei Kühl-Bullis legen Tag für Tag bis zu 100 Kilometer zurück - das frisst Benzin. »Neben Nahrungsmittelspenden sind also auch Geldzuwendungen willkommen«, sagt Rosetraut Kirse. Unterstützung erfährt die »Tafel« von vielen Bielefelder Firmen, von der Bäckerinnnung und den Supermärkten. »Obwohl Deutschland immer noch ein reiches Land ist, leben hier mehr als eine Million Kinder unterhalb der Armutsgrenze«, berichtet Grube. Die Klientel der »Tafel« rekrutiert sich nicht nur aus Problemfamilien, sondern auch aus »Normalos«: Kinderreichen und Alleinerziehenden.
Zu den Gitarrenklängen von Jens Attumalil (20), Schüler der 13. Jahrhgangsstufe an der von den Ursulinen geführten Marienschule, greifen die Gäste der »Tafel« herzhaft zu, während die Kinder selig an süßen Weihnachtskeksen knabbern.
»Wir sind sehr glücklich über unser neues Domizil, werden aber selbstverständlich die Stationen beibehalten, an denen wir das Essen ausgeben«, versichert Rosetraut Kirse. Eigentümer des Hauses, einer ehemaligen Kaserne, ist die Gesellschaft für Arbeit und Berufsförderung (GAB). GAB-Chef Franz Schaible, ein engagierter Förderer der »Tafel«, vermietet »sozial verträglich« den Ehrenamtlichen die Räume - jetzt koordiniert hier die »Tafel«-Verwaltung die Einsätze, und die Lebensmittel werden hier bis zum Abtransport gekühlt.

Artikel vom 29.11.2004