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Selbstbewusste und gelassene Christen

Vor 150 Jahren wurde die Marienkirche geweiht: Festveranstaltung mit 400 Gläubigen

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Jöllenbeck (WB). Das Kreuz, an dem Jesus sein Leben für die Menschen gab, kann man auch als Plus-Zeichen lesen - und unter der mutmachenden Devise »Ein Kreuz/Plus verbindet« hat die Jöllenbecker Mariengemeinde am Samstag den 150. Geburtstag ihres Gotteshauses gefeiert.

Mitten im Zentrum der Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts, vor dem Altar der freundlichen, geradezu strahlenden Kirche an der Schwagerstraße, wo die Renovierung nach dem jüngst aufgehobenen Baustopp peu à peu fortgeführt wird, verneigte sich Festredner Joachim Liebig, Superintendent in Schaumburg-Lippe, vor dem Optimismus der evangelisch-lutherischen Christen Jöllenbecks. »Wir können andere Menschen bewegen - aber dazu müssen wir selber Bewegte sein«, sagte Liebig, der die Mariengemeinde als »Vorbild in selbstbewusster Gelassenheit« pries. Den Schatz der Mitarbeiter, Geistliche, Presbyterium und Gläubige, gelte es zu pflegen und für nie ermüdendes Engagement zu loben.
Fast 400 Gäste, darunter Lokalpolitiker, Schulen und Vereine sowie die (nicht nur) im Jubiläumsjahr äußerst freigebigen Geschäftsleute, hörten eine besondere Form der frohen Botschaft: »Der Kirche geht es gut« wiederholte Liebig mehrfach - wenn, wie in Jöllenbeck, die Autorität der Institution durch die individuelle Autorität ihrer Gemeindeglieder »eins zu eins« gedeckt sei. Die Pfarrer Udo Halama, Andreas Kersting, Hans Lefeber, Lars Prüßner und Helga Brünger (Altenzentrum) leben es vor. Und die leidigen Finanzfragen, beherrschendes Thema nicht nur bei der Kirchenrestauration, sondern allgemein in der Gesellschaft, stutzte der Festredner auf Normalmaß zurück: »Gott sagt uns, wir möchten uns um Lebensqualität kümmern, nicht um Lebensstandard.«
Für den Kirchenkreis Bielefeld überbrachte Superintendentin Regine Burg Dank und Glückwünsche. Dass die Mariengemeinde, entgegen kirchlichen Usancen, von Ostern (Neueinweihung des Kirchbaus) bis zum Advent gefeiert habe, folge einer inneren Logik: »Erst von Christi Opfertod her betrachtet, gewinnt die Ankunft Jesu ihre große Bedeutung.
Im Namen der Stadt beglückwünschte Bürgermeister Detlef Helling die Jöllenbecker Christen. Seit 150 Jahren eine Stätte der Orientierung, übe die Marienkirche große Wirkung auf Bielefelds Sozialgefüge aus. »Der Staat braucht die Kirche -ĂŠaktive Christen sollen aktive Bürger sein«, sagte der CDU-Politiker.
Klaus Fussy, Pfarrer und Dechant der benachbarten katholischen Liebfrauengemeinde, bedankte sich für die Gastfreundschaft, die Jöllenbecks Katholiken schon sehr früh in der Mariengemeinde genossen hätten. Burkhard Batze von der Berliner »Partnergemeinde« Boxhagen-Stralau überreichte eine aus kanadischer Rotzeder gefertigte Dachschindel: Damit sei seine Kirche gedeckt - im Jöllenbecker Gemeindeamt soll die Schindel als originelle Form eines Schwarzen Bretts genutzt werden.
Die Festveranstaltung wurde musikalisch begleitet vom Posaunenchor des CVJM Jöllenbeck. Dessen Leiter Hauke Ehlers musizierte zudem an der Orgel. Zum Abschluss der Feier setzten sich die Gläubigen zu einem köstlichen Imbiss in Johannes-Kuhlo-Haus und CVJM-Haus zusammen.

Artikel vom 29.11.2004