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Weltweite
Grippewelle
befürchtet

Deutschland trifft Vorkehrungen

Von Wolfgang Schäffer
Berlin (WB). Gesundheitsexperten in aller Welt bereiten sich auf eine weltweite Grippe-Welle vor. In Deutschland soll noch bis zum Jahresende ein Influenza-Pandemie-Plan vorgestellt werden.

»Das Bedrohungspotenzial ist seit Jahren groß und wächst. Wir müssen uns rüsten, um gegen den Angriff der Viren gewappnet zu sein.« Susanne Glasmacher, Biologin und Sprecherin des Robert Koch Instituts (RKI) in Berlin, warnt vor einem »völlig neuen Virus, den die menschliche Immunabwehr nicht kennt, ihm deshalb nichts entgegenzusetzen hat«.
Die Vogelgrippe bezeichnet Glasmacher dabei als »heißesten Kandidaten« für eine so genannte Pandemie - eine weltweite Ausbreitung also. Zwar sei bisher in seltensten Fällen eine Ansteckung von Menschen nachgewiesen worden und eine Übertragung von Mensch zu Mensch habe es dem derzeitigen Erkenntnisstand überhaupt noch nicht gegeben. Doch wenn statt einer langwierigen Veränderung der Viren sich plötzlich ein komplett neuer Erreger aus der Verschmelzung von Vogel- und Menschenviren mit einem deutlich höheren menschlichen Anteil bilden würde, sei die Gefahr riesig.
Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) befürchten eine Pandemie, die »selbst bei optimistischer Einschätzung zwei bis sieben Millionen Tote« zur Folge habe. »Der Ausbruch dieser Pandemie ist lediglich eine Frage der Zeit.« Grund dafür sei, dass das menschliche Immunsystem keinerlei Schutz aufgrund früherer Infektionen biete. Nach den Worten von Susanne Glasmacher arbeiten US-Firmen an einem Impfstoff gegen das Vogelgrippe-Virus mit der Bezeichnung H5N1. Doch selbst wenn dieser Impfstoff in ausreichendem Maß zur Verfügung stehe, sei nicht sicher, ob er auch tatsächlich wirke. »Wenn sich das menschliche mit dem Vogelgrippe-Virus zu einem neuen Erreger vereinigt, dann ist unklar, wie man ihn bekämpfen kann.«
Um aber so gut wie möglich gewappnet zu sein, soll schnellstens der Influenza-Pandemie-Plan in die Tat umgesetzt werden. In Verbindung mit den Gesundheitsministerien der Länder sollen unter anderem Impfstoffvorhaltung und -bereitstellung, Meldewege, Falldefinitionen (wann eine Erkrankung als Infektion zu werten ist) festgeschrieben werden. »Wir müssen jetzt die Schritte festlegen und trainieren, um im Ernstfall schnell reagieren zu können«, sagt die RKI-Sprecherin.
Im vergangenen Jahrhundert hat es drei Pandemien gegeben. Zwischen 1918 und 1920 tobte die Spanische Grippe. 40 Millionen Menschen kamen ums Leben. Bei der Asiatischen Grippe 1957 wurden 700 000 Tote gezählt. Eine Million Opfer waren es 1968 bei der Hongkong-Grippe.
Ärzte und Krankenkassen raten den Bundesbürgern nachdrücklich, sich gegen Grippe impfen zu lassen. »Grippeschutz-Impfungen sind auch im November und Dezember noch sinnvoll.«

Artikel vom 29.11.2004